Österreich ist als Land mit starker Berufsbildung von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Schulbereich stark betroffen. Das zeigt die am Dienstag präsentierte OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2020". So sei etwa der praktische Unterricht als wichtiger Lehrplan-Teil sowohl in der Lehre als auch an berufsbildenden Schulen im Distance Learning schwierig zu vermitteln, heißt es im Bericht.

Die jährlich erscheinende Studie legt heuer einen Schwerpunkt auf die berufliche Bildung. Das umfasst etwa in Österreich vor allem die Lehre wie auch die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS; z.B. HTL, Handelsschulen, Handelsakademien), wobei die vierte und fünfte Klasse BHS bereits zum tertiären Bildungsbereich (Hochschule) gezählt wird.

Österreich wird in der Studie dabei mehrfach hervorgehoben: Der Anteil der Schüler auf der Sekundarstufe II (das sind vor allem AHS-Oberstufen, BMHS und Berufsschulen/Lehre), die eine Schule mit Berufsorientierung besuchen, liegt in Österreich bei 68 Prozent - im OECD-Schnitt sind es nur 42 Prozent.

Berufsbildende Bildungsgänge trifft es hart

Betrachtet man den gesamten Bildungsbereich ab zehn Jahren von Sekundarstufe I (in Österreich: AHS-Unterstufe, Mittelschule) über Sekundarstufe II (AHS-Oberstufe, BMHS, Lehre), postsekundären Bereich (etwa Gesundheits- und Krankenpflegeschulen, bestimmte Uni- oder Fachhochschul-Lehrgänge) bis zu kurzen tertiären Bildungsgängen (z.B. 4., 5. Klasse BHS), absolvieren in Österreich 42 Prozent der Schüler einen berufsorientierten Bildungsgang. Im OECD-Schnitt sind es nur 32 Prozent, Spitzenreiter sind Finnland (50 Prozent) und Slowenien (48 Prozent).

Wie in den meisten anderen Staaten befindet sich in Österreich der Großteil der Teilnehmer (72 Prozent) an einem berufsbildenden Bildungsgang in der Sekundarstufe II - also vor allem in einer Lehre, einer berufsbildenden mittleren Schule oder den ersten drei Klassen einer BHS. 23 Prozent absolvieren einen kurzen tertiären Bildungsgang, das sind in Österreich vor allem die letzten beiden BHS-Klassen. Die restlichen fünf Prozent besuchen einen postsekundären Bildungsgang. Im Sekundarbereich I gibt es laut OECD-Studie in Österreich dagegen keinen berufsbildenden Bildungsweg - anders als etwa in Deutschland (Realschule), Australien, Belgien oder Großbritannien.

Laut OECD wurden gerade die berufsbildenden Bildungsgänge von der Pandemie am härtesten getroffen: "Berufsbildende Bildungsgänge sind gegenüber den allgemeinbildenden Bildungsgängen doppelt benachteiligt", heißt es in der Studie. "Erstens bildet der praktische Unterricht sowohl bei schulischen als auch bei kombinierten schulischen und betrieblichen Bildungsgängen einen wichtigen Teil des Lehrplans, der im Fernunterricht schwierig zu vermitteln ist. Einige Fächergruppen, wie Agrarwirtschaft, Gesundheitswesen, Ingenieurwesen, Baugewerbe oder Handwerk erfordern spezielle Ausrüstung, das Lernen in Kleingruppen bei praktischem Anschauungsunterricht und sorgfältige Aufmerksamkeit seitens der Lehrkräfte, um sicherzustellen, dass die Schüler die Vorgaben richtig umsetzen."

Dazu komme noch, dass in manchen der dualen beruflichen Ausbildungsgänge (z.B. Lehre) der Umfang der betrieblichen Komponente mehr als 60 Prozent der Lernzeit ausmacht. "Die Folgen des Lockdowns für diese Bildungsgänge sind daher schwerwiegender, obwohl sie normalerweise seitens der Unternehmen am stärksten nachgefragt werden und bessere Beschäftigungschancen bieten." So hätten etwa Gastronomie- oder Tourismusunternehmen ihren Betrieb zumindest vorübergehend einstellen müssen. "Angesichts einer sich abzeichnenden Wirtschaftskrise kommt auch die Frage auf, ob Betriebe weiterhin Auszubildende aufnehmen werden, wenn sie sich auf ihren betriebswirtschaftlichen Neustart konzentrieren."