Was soll mit Asylberechtigten geschehen, die in Österreich straffällig werden? Eine emotionsgeladene Frage, die sich nun nach dem Angriff auf die jüdische Gemeinde in Graz stellt. Der geständige Verdächtige, ein 31-jähriger Syrer, kam 2013 nach Österreich und erhielt hier Asyl. Rufe nach der Aberkennung des Schutzstatus und einer schnellen Abschiebung werden laut. Wie berichtet, wurde bereits ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

Doch in der Praxis ist das nicht so einfach. „Das Recht auf Asyl kann grundsätzlich nur aberkannt werden, wenn der Betroffene ein schweres Delikt begangen hat“, erklärt der Asylrechtsexperte Georg Bürstmayr. Darunter fallen Taten, bei denen im Fall einer Verurteilung mehr als drei Jahre Haft drohen. Alles darunter wird als Vergehen gewertet. „Deshalb wird es entscheidend sein, in welchen Punkten der Mann nun wirklich angeklagt und am Ende auch verurteilt wird.“

Ermittlungen laufen

Laut Christian Kroschl von der Staatsanwaltschaft Graz wird gegen den Syrer aktuell wegen schwerer Sachbeschädigung (Strafmaß bis zu zwei Jahre) und versuchter Körperverletzung (bis zu fünf Jahre) ermittelt. Die Auswertung seines Laptops soll zeigen, ob auch wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ermittelt wird – Strafmaß bis zu zehn Jahre. Laut Bürstmayr würde sich aber auch die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Täters auf das Strafmaß auswirken.

Ein rechtskräftiges Urteil ist die Voraussetzung dafür, dass das zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eine Entscheidung über den Asylstatus treffen kann. Dazu werde „eine sofortige und strenge Prüfung asyl- und fremdenrechtlicher Konsequenzen“ durchgeführt, heißt es aus dem Innenministerium. Handelt es sich um eine entsprechend schwere Straftat oder stellt die Person eine „Gefahr für die Sicherheit der Republik“ dar, werden Asyl- beziehungsweise Schutzstatus aberkannt.

8.600 Aberkennungsverfahren

Laut Ministerium wurde 2019 8.600 Mal ein Aberkennungsverfahren eingeleitet, bei rund einem Drittel der Fälle aufgrund von Straffälligkeit. Eine Anfragebeantwortung des Innenministeriums an die Neos zeigt jedoch, dass es deutlich seltener zu einer effektiven Aberkennung des Asylstatus von Straftätern kommt. 2019 wurden 235 Aberkennungen durchgeführt. Die größte Gruppe der Betroffenen stammt aus der Russischen Föderation, 128 Mal wurde hier Asyl aberkannt. Weit abgeschlagen auf Platz zwei folgt die Gruppe der Syrer mit 32 Aberkennungen.

Doch auch Straftaten und eine Aberkennung des Asylstatus reichen oft nicht aus, um den Betroffenen in sein Herkunftsland abzuschieben. Denn laut geltendem EU-Recht dürfen diese nicht in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen „unmenschliche Behandlung oder Folter“ drohen. Sollte der verdächtigen Syrer in Graz schuldig gesprochen und sein Asylstatus aberkannt werden, scheint eine Abschiebung nach Verbüßung der Haftstrafe kaum realistisch. Die Lage in Syrien gilt weiterhin als instabil.

Straftäter werden "geduldet"

Was geschieht also mit jenen, die in Österreich Asyl erhalten, schwere Straftaten begehen, ihren Asylstatus verlieren und nicht abgeschoben werden können? Sie erhalten den Status einer sogenannten Duldung. „Spaß ist dieser Titel keiner“, sagt Bürstmayr. „Die Betroffenen verlieren ihren Asylpass und haben keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Das soll natürlich auch den Druck auf eine freiwillige Ausreise erhöhen.“ Das BFA prüft zudem regelmäßig, ob sich an der Lage im Herkunftsland etwas verändert hat und man die Betroffenen inzwischen abschieben könnte. Ein solches Vorhaben kann aber selbst dann scheitern. Viele Staaten zeigen sich nämlich wenig kooperativ, wenn es um die Rücknahme ihrer straffällig gewordenen Ex-Bürger geht.

Straftäter gleich nach ihrem Urteil in ihre Heimat abzuschieben, damit sie dort und nicht in Österreich ihre Haftstrafe antreten, hatte die FPÖ im letzten Wahlkampf gefordert. Das hält Bürstmayr jedoch für unrealistisch: „Im Fall von Syrien wäre das gar keine Option. Denn ich darf auch nur abschieben, wenn ich sicherstellen kann, dass es einen menschenrechtskonformen Strafvollzug in diesem Land gibt.“