Der internationale Wettlauf um eine Corona-Impfung läuft auf Hochtouren. In Russland wurde der vermeintlich erste Impfstoff bereits zugelassen und auch China hat gestern ein Patent für einen Impfstoff angemeldet. Die WHO äußerte bereits Bedenken. Auch an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien sieht man von Schnellschussaktionen ab und forscht weiter an Immunisierungs-Methoden. Parallel zum klassischen Impfstoff arbeitet man an der Boku jetzt aber auch an einem radikal neuen Forschungsansatz.

Aufnahme über Nasenschleimhaut statt Nadel

Mit einer Art Nachbau des SARS-CoV-2-Virus soll das Immunsystem „gewarnt“ werden und eine Immunantwort vorbereiten. Dadurch würden Symptome später schwächer auftreten, wodurch die Sterblichkeit reduziert werden könnte. Eine gänzliche Immunisierung soll es nicht geben. Im Gegensatz zu herkömmlichen Impfungen wird der neue Impfstoff außerdem erstmals nicht mittels Nadel verabreicht, sondern wie das echte Virus direkt über die Nasenschleimhaut und Atemwege aufgenommen. „Wir wollen im Prinzip einen Nasenspray entwickeln“, sagt Eva-Kathrin Ehmoser, die die Forschung am Institut für Synthetische Bioarchitekturen leitet. Die künstlich nachgebauten SARS-CoV-2-Viren würden dann als eine Art "trojanisches Pferd ohne Krieger“ fungieren. Ein weiterer Vorteil des neuen Ansatzes ist, dass der Impfstoff flexibel ist und bei Mutationen schnell angepasst werden kann.

Klinische Studien ab Herbst 2021 möglich

Wenn das Konzept aufgeht, wovon Ehmoser ausgeht, könnten die immunisierenden Nasensprays schon im Herbst 2021 in klinischen Studien erprobt werden. „Wir würden nicht an die Öffentlichkeit gehen, wenn wir nicht so zuversichtlich wären“, sagt Ehmoser. Schließlich musste man auch nicht bei Null beginnen: Der neue Ansatz ist das Produkt jahrzehntelanger Grundlagenforschungen des emeritierten Boku-Professors Uwe B. Sleytr, der ebenfalls Teil des sechs-köpfigen Forschungsteams ist. Jetzt müssen die Grundlagen also nur mehr zusammengeführt werden, die nächsten Milestones stehen bereits fest.

US-amerikanische Unterstützung & globales Potential

In einem ersten Schritt wird ab September überprüft, ob die nachgebauten Corona-Viren die gewünschte Reaktion auf künstlich erzeugten Nasenschleimhautzellen auslösen. Im Herbst wird dann das nötige "Material" produziert und im Frühjahr 2021 soll mit Tierversuchen begonnen werden. Ersteres passiert noch an der Boku in Wien, die Tierversuche werden dann vom US-Unternehmen Avalon GloboCare durchgeführt. Das Biotechnologie-Unternehmen ist an die Wiener Forscher*innen herangetreten und ermöglicht die Umsetzung des Projekts. Der klassische österreichische Forschungsweg mit Anträgen und Förderungen hätte zu lange gedauert, so Ehmoser.

Sorgen, dass Österreich nichts von der Kooperation mit dem US-Unternehmen und möglichen positiven Ergebnissen hat, müsse man sich aber keine machen, beruhigt Ehmoser. Sämtliche Resultate werden veröffentlicht werden. Verläuft alles nach Plan, steckt jedenfalls viel Potential in der neuen Immunisierungs-Methode. Der Impfstoff soll in jedem mittelmäßigen Labor leicht herstellbar und reproduzierbar sein. Damit wäre der Wiener Corona-Nasenspray massentauglich und könnte weltweit zum Einsatz kommen.