Als Sie zu Jahresbeginn Ministerin für Klima und Verkehr wurden, hätten Sie es da für möglich gehalten, dass Sie bald eine dreistellige Millionensumme an Steuergeld in eine Airline pumpen würden?

Leonore Gewessler: Niemand hätte sich die jetzige Situation damals vorstellen können. Was ich mir auch heute nicht vorstellen könnte, wäre ein solches Paket ohne konkrete Bedingungen. Das habe ich in dieser Diskussion von Anfang an sehr klar gemacht. Es waren keine einfachen Verhandlungen, aber wenn wir jetzt für eine Branche, die vom Klimaschutz besonders gefordert sein wird, Geld in die Hand nehmen, dann muss diese Unterstützung einen Weg in eine klimafreundlichere Zukunft weisen. Deshalb die drei Säulen in diesem Paket mit einer europaweit einzigartigen Anti-Dumping-Regel, einem Beitrag zum Klimaschutz von der AUA selbst und attraktivere Alternativen zum Fliegen.

Die Fridays-for-Future-Bewegung und NGOs wie Greenpeace sehen das Paket dennoch als „klimapolitischen Absturz“. Sie kommen selbst aus einer Umweltorganisation. Schmerzt das?

Nein, denn das entspricht genau deren Aufgabe. Sie müssen dorthin schauen, wo man vielleicht noch mehr tun kann, wo es noch große Aufgaben gibt – und klar, die gibt es, gerade in der Luftfahrtindustrie. Fliegen ist besonders klimaschädlich und die Branche hat eine riesen Dekarbonisierungsnotwendigkeit. Ich bin in die Politik gegangen, damit ich meinen Betrag dazu leisten kann, dass sich das ändert. Am Beginn der Debatte zu den Fluglinien war in ganz Europa keine Rede von Klimabedingungen und das ist jetzt anders.

Die AUA soll ihren CO2-Ausstoß bei Inlandsflügen bis 2030 um die Hälfte senken, auch durch die Streichung von Verbindungen. Soll es dann ab 2040, wenn Österreich klimaneutral sein soll, gar keine Inlandsflüge mehr geben?

Wir werden auch in Zukunft fliegen. Aber den Flug soll man dort nutzen, wo man so schnell keine gute Alternative hat, etwa interkontinental. Überall dort, wo es die Möglichkeit Zug statt Flug gibt, müssen wir alles daransetzen, dass die klimafreundlichere Fortbewegungsart genutzt wird.

Auch die gebeutelte Autobranche fordert Unterstützung, etwa in Form eines Bonus für den Kauf neuer Pkw. Für Sie vorstellbar?

Da lohnt sich ein Blick nach Deutschland. Dort hat man sich der Größe der Herausforderung durchaus mutig genähert und das getan, was jetzt so wichtig ist: den Weg aus der Krise dafür zu nutzen, Innovation und Klimaschutz anzutreiben. Das ist die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft. Wenn man die Autobranche unterstützt, dann im Erreichen dieser Ziele, nicht im Verfehlen.

Das heißt, keine öffentlichen Mittel für konventionelle Autos?

Deutschland hat den Weg gewählt, E-Mobilität, Ladeinfrastruktur und Innovation zu fördern. Fossile Autos zu fördern, wäre aus klimapolitischer Sicht das falsche Signal. Es gibt auch aus der Autobranche Stimmen, die das so sehen.

Wir es auch in Österreich mehr Geld für Elektromobilität geben?

Es gibt schon jetzt eine E-Mobilitätsförderung, für die wir heuer deutlich mehr Geld im Budget haben. Derzeit basteln wir an der Weiterführung und Verbesserung.

Leonore Gewessler im Gespräch mit Hubert Patterer und Günter Pilch
Leonore Gewessler im Gespräch mit Hubert Patterer und Günter Pilch © Juergen Fuchs

Nächstes Jahr soll der erste Teil des 1-2-3-Tickets kommen. Ist das bereits mit allen regionalen Verkehrsverbünden ausgehandelt?

Wir haben mit allen Verbünden auch über die Coronazeit sehr intensive Gespräche geführt. Es sind viele Vorarbeiten für das Projekt geschehen, jetzt gibt es auch das Budget dafür. Das Ziel für den Start 2021 steht.

Interessanter dürften für viele die noch ausstehenden Teile des Pakets sein – etwa die Jahreskarte für ein Bundesland um 365 Euro. Wann kommt das?

Das 1-2-3-Ticket ist ein zentrales Projekt für diese Legislaturperiode. Dazu gehören selbstverständlich alle drei Stufen.

Experten schätzen die Gesamtkosten auf eine Milliarde Euro jährlich. Ist das Geld dafür noch vorhanden?

Klar ist, dass es Finanzmittel brauchen wird, auch Bundesmittel. Wir diskutieren das derzeit intensiv mit den Ländern. Es handelt sich um einen Meilenstein für den öffentlichen Verkehr. Auf dem Weg aus der Krise ist es wichtig, jetzt die Weichen richtig zu stellen.

Das Regierungsprogramm sieht auch das Aus für Öl-Heizungen älter als 25 Jahre ab 2025 vor. Bleibt es trotz Coronakrise dabei?

Alles, was wir heute neu bauen und installieren, hat eine Wirkung auf die nächsten Jahrzehnte. Wir haben uns deshalb vorgenommen, Schritt für Schritt und begleitet mit Förderungen aus allen fossilen Heizsystemen auszusteigen. Fixes Enddatum für alle Öl-Heizungen ist das Jahr 2035. Davor gibt es einen Stufenplan, den wir gerade vorbereiten. 2025 wollen wir beginnen, sukzessive die älteren Heizungen auszutauschen.

Das heißt, es müssen doch nicht alle dieser alten Öl-Heizungen bereits mit 2025 abgedreht werden?

Zwischen 2025 und 2035 wollen wir den verbliebenen Bestand an Öl-Heizungen wegbekommen. Dabei beginnen wir mit den ältesten. Den konkreten Stufenplan arbeiten wir mit den Bundesländern aus.

Bislang laufen in Österreich immer noch rund 600.000 Öl-Heizungen. Ein Tausch kostet Milliarden. Wer muss das zahlen?

Wir haben die Fördertöpfe dieses Jahr deutlich aufgestockt, für den Raus-aus-dem-Öl-Bonus haben wir heuer 100 Millionen Euro zur Verfügung. In der Weiterführung dieser Förderungen wird es auch um soziale Komponenten gehen.

Ihre Prognose: Ab wann werden die CO2-Emissionen in Österreich endlich dauerhaft zu sinken beginnen?

Wir haben Aufholbedarf und arbeiten mit Hochdruck daran, gegenzusteuern. Natürlich wirken die Maßnahmen nicht vom heute auf morgen. Die Zahlen fürs Jahr 2020 sollten Anfang 2022 vorliegen. Ich hoffe, dass wir dann auch 2023 gute Neuigkeiten zu besprechen haben.