Die Anspannung in der Clubszene hat diese Woche ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: In einer Pressekonferenz am Dienstag stellten die NEOS in Zusammenarbeit mit Nachtgastronomen eine Initiative vor, die konkrete Maßnahmen von der Regierung fordert und damit Clubbetreiber helfen soll: "Die Menschen wollen feiern", sagt der Wiener NEOS-Landtagsabgeordnete Markus Ornig. Die Opposition wirft der Regierung Nicht-Kommunikation vor. Noch immer gäbe es keinen Fahrplan zur Wiederaufnahme des Betriebs.

"Es ist mühsam, nicht zu wissen, was einen erwartet", so Joachim Natschläger, Geschäftsführer und Inhaber des „Club O“ und „Inc.“ in Wien. Ein Leid, das alle österreichischen Betriebe kennen. Die Nachtgastronomie mit 2.900 Bars, Diskotheken und Tanzlokalen war eine der ersten Branchen, die im März ihren Betrieb komplett einstellen musste. Barkeeper, DJs, Security, Licht- und Tontechnik – der Geschäftszweig vereint viele Berufe, vor allem Studentenjobs, und ist vermehrt auf Trinkgeld angewiesen. In Wien fallen auf die Branche 24.000 Arbeitsplätze und ein Jahresumsatz von einer Milliarde Euro. Doch während Wirtschaftsbereiche wie der Handel und Gastronomie wieder geöffnet sind, und Kultur, Kino und Freizeitanlagen einem Zeitplan entgegensehen, steht in der Nachtgastronomie noch alles still.

Und so schnell erwartet man sich auch keine vollständige Öffnung. Bis Herbst, sind sich die Clubbetreiber sicher, heißt es noch geduldig sein. Die Ereignisse in Südkorea Anfang Mai, als ein mit Covid-19 infizierter Mann mehrere Clubs in einer Nacht in Seoul besucht und damit eine neue Infektionskette ausgelöst hatte, sind eine Botschaft für die Clubszene in Wien: "Fast alle sagen, dass sie da lieber später aufsperren. Niemand will für eine zweite Welle verantwortlich sein", so die Vienna Club Commission. Als Schnittstelle zwischen Clubbetreibern und der Stadt steht die Commission mit allen Beteiligten im Gespräch und sieht eine finanzielle Härteprobe für die Branche: „Gewisse Wirtschaftsbereiche schaffen es vielleicht unter diesen Bedingungen. Aber dass man von der Clubkultur erwartet, sechs Monate lang zu überleben, ist existenzbedrohend."

Hauptproblem der Betriebe sei ein Liquiditätsengpass. Deshalb sprechen sich auch die NEOS in ihrer Initiative für eine Möglichkeit der Unternehmen aus, alle Zahlungen für ein Jahr einfrieren zu können. Laut Vienna Club Commission soll es zusätzlich Probleme geben, Kredite zu bekommen. Der andauernde Lockdown hat verheerende Folgen: "Wir haben diese Woche erfahren, dass ein Club zusperren muss", verrät ein Vertreter der Commission im Gespräch. Welcher Club das ist, wollte er nicht mitteilen, denn es werde noch versucht, einen Nachfolger zu finden. Bisher erfolglos.

Dass die Clubs ums Überleben kämpfen, zeigt auch die steigende Zahl an Crowdfunding-Plattformen. Um selbst der Krise entgegen zu wirken, hat sich etwa die Vienna Club Commission am in anderen Städten bereits etablierten Projekt "United We Stream" beteiligt: In unterschiedlichen Wiener Clubs und Musikspielstätten werden Auftritte von Künstler*innen und DJ-Sets live über Facebook oder Vimeo übertragen und dabei Spenden für die Clubkultur in Wien gesammelt. Auch auf der Website vom Nachtclub "Fluc" wurde eine Spendenplattform eingerichtet und das Veranstaltungszentrum "dasWERK" bittet unter dem Motto „Spendier dem WERK ein Bier“ um Hilfe von Kulturbegeisterten.

Während die einen Spenden sammeln, gehen manche Betriebe einen Schritt weiter: Die Disco "Excalibur" in Hartberg hat seine Türen wieder aufgesperrt und lädt unter strenger Einhaltung der Hygienemaßnahmen zu wöchentlichen Partys von 17 bis 23 Uhr. Tanzen ist nicht erlaubt, auch der Barbetrieb an der Theke ist geschlossen und die Besucher werden abgezählt. Die Gäste sind froh, wieder einen sozialen Treffpunkt am Wochenende zu haben, doch für Club-Inhaber Joachim Natschläger in Wien wäre so ein vorschneller Betrieb unvorstellbar: "Mit einem Mindestabstand brauchen wir den Club nicht aufsperren. Es soll Spaß machen. Wir lassen uns lieber den Sommer über Zeit."

Drei weitere Monate ums finanzielle Überleben kämpfen, funktioniert laut Wiener Nachtgastronomie nur mit weiteren Hilfsmaßnahmen der Regierung: "Wir müssen als Betreiber gehört werden. Wir sind nicht irgendwelche Diskotheken, wir sind Unternehmer", so Natschläger. Die Betriebe sind sich einig und fordern einen Fixkosten-Zuschuss von 100 Prozent. Die Regierung bittet die Clubs indessen, bis Anfang Juni Konzepte einzuschicken, wie sie sich eine Betriebswiederaufnahme vorstellen. Einzelne Überlegungen sind das Fiebermessen an der Eingangstüre oder eine App, mit der sich die Partygäste für den Besuch registrieren. Laut Vienna Club Commission ist die Kommunikation mit der Stadt Wien schon sehr gut und Gespräche mit den zuständigen Ministern finden statt. Verbesserungsmöglichkeiten gäbe es trotzdem genug.