Der ehemalige Richter Josef Geisler wirft das Handtuch. Er zieht sich als Vorsitzender der Untersuchungskommission zur Aufarbeitung des Corona-Krisenmanagements in Tirol zurück. Auf ihn soll Ronald Rohrer, Verfahrensrichter im Eurofighter-U-Ausschuss und ehemaliger Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs, folgen.

Ronald Rohrer wird den alleinigen Vorsitz der Untersuchungskommission übernehmen. Dieser Beschluss sei von der Landesregierung bereits am Donnerstag kurz vor der Landtagssitzung gefasst worden, erklärte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) Donnerstag früh in der "Aktuellen Stunde".

Der Schweizer Krisenmanager Bruno Hersche, der ursprünglich gemeinsam mit Josef Geisler den Vorsitz führen hätte sollen, wird hingegen einfaches Mitglied der Kommission. Alle übrigen Mitglieder könne sich Rohrer nun selbst zusammenstellen, erklärte Platter. Auch das Einvernehmen mit dem Gesundheitsministerium bezüglich Rohrer sei gegeben, so der Landeshauptmann.

Die Einsetzung Rohrers sei durch die Landesregierung erfolgt, da der Landtag in der Sitzung am Mittwoch die Landesregierung mit der Einsetzung der Kommission beauftragt hatte. Denn nur ein von der Landesregierung beauftragtes Expertengremium habe den vollen Zugriff auf Behördenakten.

Geisler habe noch Mittwochabend erklärt, er wolle sich das "nicht antun", hieß es aus Landtagskreisen gegenüber der APA. Er war zuvor aufgrund mangelnder Unabhängigkeit in die Kritik geraten, weil er etwa im Personenkomitee von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei der Landtagswahl 2018 vertreten war.

Stundenlang lieferten sich die Abgeordneten im Tiroler Landtag am Vortag Wortgefechte. Am Ende kam es aber doch zum erwartbaren Ergebnis: Der Misstrauensantrag gegen Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP), der wegen seiner Handhabung der Coronakrise in die Kritik gekommen war, wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen abgeschmettert. Und die Untersuchungskommission, die die Vorkommnisse um die Ausbreitung des Virus von Ischgl vor allem nach Deutschland klären soll, sollte mit Geisler und Hersche eigentlich zwei Vorsitzende erhalten, die sich den Rest der Mitglieder aussuchen können.

Grün und Türkis vereint

Die Ausgangslage, speziell zur Untersuchungskommission, war vertrackt. Hatte es zuerst offenbar eine Einigung über deren Zusammensetzung unter den Fraktionen gegeben, wurde diese unerwartet letzte Woche über den Haufen geworfen. SPÖ-Klubobmann Georg Dornauer preschte schließlich mit dem Vorschlag vor, den pensionierten Strafrichter Josef Geisler zum Vorsitzenden zu machen. Dieser solle sich die anderen Mitglieder zusammenstellen. Die ÖVP zog mit.



Geisler war allerdings in ein Personenkomitee für die Wahl von Landeshauptmann Günther Platter eingetreten und gilt daher als ÖVP-nahe. Was vor allem bei den Grünen, dem Koalitionspartner der ÖVP in der Landesregierung, für ein Loyalitätsproblem sorgte.
Entsprechend heftig ging es gestern zu. FPÖ-Chef Markus Abwerzger beschuldigte Dornauer, es gehe ihm nicht um Aufarbeitung, sondern nur "um die schnelle Schlagzeile". Die Klubobfrau der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, meinte: "Jetzt ist der Karren verfahren, jetzt ist es eine reine Landesregierungskommission." Landesrat Bernhard Tilg warf sie schwerste Versäumnisse, nicht erst seit der Coronakrise, vor. Er solle seinen Hut nehmen: "Die Bevölkerung braucht eine Gesundheitspolitik, die den Namen auch verdient."



Sichtlich schwer in diesem Hickhack taten sich die Grünen. Klubchef Gebi Mair bedauerte, dass sein Bemühen um einen Allparteienantrag für die Kommissionsmitglieder vergebens war. Geisler sei ja von der SPÖ, nicht von der ÖVP nominiert worden.
Den Misstrauensantrag gegen Tilg zum jetzigen Zeitpunkt nannte er verfehlt, weil er mögliche Schlüsse, die die Untersuchungskommission ziehe, bereits vorwegnehme.
Kritisch gegenüber der Linie der eigenen Partei äußerte sich der Grüne Michael Mingler. "Es ist traurig, dass es nötig ist, dem Antrag für die Expertenkommission zuzustimmen, damit überhaupt eine Aufklärung stattfinden kann."

Alle Anläufe scheiterten

Alle Anläufe, doch noch zu einer für alle akzeptablen Lösung zu kommen, scheiterten. Letztlich wurde dann mit Mehrheit beschlossen, Josef Geisler und dem Schweizer Risikomanager Bruno Hersche den Auftrag zu erteilen. Und auch Landesrat Bernhard Tilg bleibt vorläufig im Amt. Auch wenn schon gemunkelt wird, er könnte auf einen Versorgungsposten als Rektor der Privatuniversität Umit-Tirol hinweggelobt werden.