Das Coronavirus hat die Bundeshauptstadt erreicht: Drei Fälle sind am Donnerstag in Wien bestätigt worden. Damit gab es bis zum Abend fünf bestätigte Infizierte in Österreich. "Wir rechnen mit weiter steigenden Zahlen", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einem Pressebriefing. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte aber: "Wir sind auf einem guten Weg."

Zuvor fand im Bundeskanzleramt ein Treffen mit den Landeshauptleuten, Experten des Gesundheits- und Innenministeriums statt. Die Kapazitäten in den Bundesländern sollen bestmöglich gesteigert werden, sagte Kurz. Insgesamt 1.000 Testungen pro Tag seien möglich.

Globale Pandemie

Anschober kündigte Verordnungen und Erlässe an, damit Verdachtsfälle österreichweit einheitlich behandelt werden. Diese sollen am morgigen Freitag per Erlass in Kraft treten und umfassen die Bereiche Kindergarten, Schule, Betriebe, Verkehrsnutzung und das Verhalten im Privatbereich. Der Minister nannte als Beispiel das Vorgehen, wenn ein Verdachtsfall in einer Schule auftritt. Hier werde künftig die Testung an Ort und Stelle stattfinden. Sämtliche Personen müssten bis zum Vorliegen des Ergebnisses im Gebäude bleiben. Liegt tatsächlich eine Infizierung vor, werde über das weitere Vorgehen entschieden.

Erst in den nächsten Wochen werde sich entscheiden, "ob die Welt eine globale Pandemie erfahren wird", sagte Anschober. Österreich versuche jedenfalls "möglichst konsequent zu handeln um die Ausbreitung einzudämmen", betonte Kurz. Der Kanzler wies darauf hin, dass die "Mitwirkung der Bevölkerung ganz wesentlich" sei. Jeder einzelne könne einen Beitrag leisten und etwa Reisewarnungen "ernst nehmen".

Anschober verwies darauf, dass die Tatsache, dass derzeit auch Grippewelle herrsche und dabei die Symptome jenen einer Coronavirus-Erkrankung sehr ähneln, die Situation nicht gerade leichter mache. Seit dem Wochenende werden in Wien Grippepatienten in Spitälern zusätzlich auf das Coronavirus getestet - bisher "Hunderte", sagte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in der ORF-Sendung "Wien heute". Darum hat man bei einem 72-Jährigen, der seit zehn Tagen im Krankenhaus war, eine Covid-19-Erkrankung mit einen schweren Verlauf festgestellt.

Urlaub in der Lombardei

Außerdem befanden sich ein Ehepaar und seine zwei Kinder in einem Krankenhaus. Der Mann und die Frau wurden bereits positiv getestet, die Kinder zeigen ebenfalls Krankheitssymptome, hieß es aus dem Wiener Krankenstaltenverbund (KAV). Ihre Testergebnisse waren noch ausständig. Alle vier Personen haben "leichte Krankheitssymptome". Die Familie war laut KAV zuvor in der Lombardei im Urlaub.

Gesundheitsstadtrat Hacker zufolge war der erkrankte 72-Jährige nicht im Ausland. Der Weg der Ansteckung kristallisiere sich aber heraus, sagte Hacker in der ORF-Sendung. Bis das endgültig geklärt ist, mache er dazu keine weiteren Angaben. Das persönliche Umfeld des Mannes wird beobachtet, hieß es bei einer Pressekonferenz. Zugleich wurden drei Stationen im KFJ gesperrt und die Mitarbeiter nach Hause geschickt.

63 mögliche Kontaktpersonen in Tirol

Bereits am Dienstag wurden zwei Fälle in Tirol bestätigt. Da das infizierte Paar aus Italien am Samstag noch mit der Innsbrucker Nordketten- und der Hungerburgbahn gefahren war, informiert nun die zuständige Behörde 63 mögliche Kontaktpersonen. Diese erhalten umfassende Hygiene- und Sicherheitsinformationen, teilte das Land mit. In Tirol scheint sich die Lage vorerst zu entspannen. Insgesamt rund 50 Proben wurden im Laufe des Donnerstags untersucht - alle sind negativ.

Das Coronavirus führt nun auch zu Lieferengpässen in heimischen Apotheken. Waren Atemschutzmasken bereits seit längerem nur sporadisch erhältlich, so sind seit wenigen Tagen auch Desinfektionsmittel in Form von Fertigprodukten in vielen heimischen Apotheken nicht mehr verfügbar. Abhilfe verschaffen von Apothekern selbst gefertigte Desinfektionsmittel aus hochprozentigem Alkohol.