Jener 35-Jährige, der Ende November in Wien-Liesing seinen drei Monate alten Sohn schwer misshandelt haben soll und gegen den die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes ermittelt, ist auf freien Fuß gesetzt worden. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) gab einer Haftbeschwerde von Verteidiger Wolfgang Blaschitz Folge und ordnete die Enthaftung des Mannes an.

Für das Wiener OLG ist - entgegen der Annahme des Landesgerichts für Strafsachen - kein dringender Tatverdacht gegeben. Unter Verweis auf ein gerichtsmedizinisches Gutachten zu den Verletzungen des Kleinkinds, das sich wochenlang in Lebensgefahr befunden hatte, kommt das OLG zum Schluss, dass "ein Indiz für die Täterschaft" des Vaters vorliegt, aber "die Möglichkeit einer Täterschaft der Mutter" nicht ausgeschlossen werden könne (Geschäftszahl 19 Bs 28/20m).

Das Baby war Anfang Dezember mit schweren Hirnverletzungen in ein Wiener Spital gebracht worden und musste notoperiert werden. Erst kurz vor Weihnachten konnte der zu diesem Zeitpunkt knapp vier Monate alte Säugling aus dem künstlichen Tiefschlaf geholt werden. Ob das Kleinkind bleibende Schäden davon tragen wird, war vorerst nicht absehbar.

Vorwurf bestritten

Der Vater hat von Anfang an bestritten, seinen Sohn misshandelt oder geschüttelt zu haben. Er behauptete, die Mutter des Kindes, von der er sich während der Schwangerschaft getrennt hatte, belaste ihn zu Unrecht. Gegen die Mutter wird von der Staatsanwaltschaft wegen Quälens bzw. Vernachlässigung eines Unmündigen ermittelt. Die Frau befindet sich weiter auf freiem Fuß. Die jüngsten Entwicklungen haben die Anklagebehörde nicht dazu bewogen, nunmehr gegen die 30-Jährige einen Antrag auf Verhängung der U-Haft zu stellen. Wie Behördensprecherin Nina Bussek am Dienstagnachmittag auf APA-Anfrage erklärte, habe sich an der Einschätzung der Verdachtslage in Bezug auf die Frau nichts geändert.

Einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge wurden dem Baby Kopf- und Schädelverletzungen zugefügt, die typisch für ein Schütteltrauma sind. Sie waren zumindest eine Woche alt, als der Bub ins Spital gebracht wurde. Der 35-Jährige - bisher gerichtlich unbescholten - soll nach der Trennung seine Ex jeden Abend besucht haben, um seinen Sohn sehen zu können. "Dabei ist nie etwas vorgefallen. Er war auch nie mit dem Kind allein", stellte sein Verteidiger nach der Festnahme des Mannes fest. Sein Mandant habe dem Säugling nie wehgetan, betonte Blaschitz.

Einzig in der Nacht auf den 30. November hielt sich der 35-Jährige allein mit seinem Sohn in der Wohnung der Mutter auf. Die 30-Jährige - sie soll als Go-Go-Tänzerin arbeiten - habe den Vater gebeten, auf seinen Sohn aufzupassen, berichtete Blaschitz: "Auch dabei ist nix vorgefallen. Das Kind hat friedlich geschlafen."