Die evangelische Kirche A.B. wehrt sich gegen eine offenbar gängige Praxis der Asylbehörden bei zum Christentum übergetretenen Flüchtlingen. In vielen Fällen würden "Glaubensprüfungen" durchgeführt und die Konversion nicht anerkannt, berichteten Bischof Michael Chalupka, Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser und Synodenpräsident Peter Krömer am Dienstag in einer Pressekonferenz.

"Glaubensabfall"

Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) stellt die Konversion oder nur der Verdacht auf einen Übertritt zu einer anderen Religion einen Verfolgungsgrund in Ländern wie etwa Afghanistan dar und ist daher als Fluchtgrund anzuerkennen, berichtete Moser. Bei einem solchen "Glaubensabfall" drohe mitunter sogar die Todesstrafe. "Österreich muss diesem Urteil des EGMR folgen", verlangte Moser.

Für den evangelischen Synodenpräsidenten Krömer sind "Glaubensprüfungen" durch die Behörden, wie er es nennt, eine unzulässige Einmischung in die Kompetenzen der jeweiligen Kirchen. So würden bei Verfahren Fragen an die konvertierten Asylwerber gestellt, die mit der Glaubenspraxis nichts zu tun hätten. In einem Fall etwa seien Wissensfragen zur Bedeutung der "Heiligen Maria" gestellt worden - welche eher für Katholiken als für Protestanten besonders bedeutend ist.

Der evangelische Bischof Michael Chalupka
Der evangelische Bischof Michael Chalupka © (c) APA/HERBERT NEUBAUER

Mit der Feststellung von "Scheinkonversionen" werde aber auch die Arbeit der Geistlichen selbst in Misskredit gebracht, findet Krömer, der selbst Rechtsanwalt ist. Amtliche Taufscheine staatlicher anerkannter Religionen würden nicht anerkannt, weswegen Krömer auch verfassungsrechtliche Bedenken hat. Er fordert nun von Kultusminister Alexander Schallenberg die Einberufung eines Runden Tischs mit dem Kultusamt und den im Ökumenischen Rat vertretenen Kirchen.

"Große Schieflage"

"Die Expertise der Pfarrerinnen, der Pfarrer muss gewürdigt werden", schloss sich auch der evangelisch-lutherische Bischof Chalupka der Kritik an. Sonst sei man in Österreich "staatskirchenrechtlich in eine sehr große Schieflage geraten". Er verteidigte in diesem Zusammenhang die Praxis des Kirchenasyls. Dies sei ein legitimer Versuch einer Pfarrgemeinde, Geflüchteten Schutz zu gewähren und Zeit zu gewinnen. Zudem arbeite man dabei transparent mit den Behörden zusammen.

Ein solcher Fall trifft etwa auf einen aus Afghanistan stammenden Mann, der bis zu dessen Abschiebungsbescheid Lehrling im Diakonissen Krankenhaus Schladming war. Dem Mann, der zur evangelischen Kirche konvertiert ist, droht nun die Abschiebung noch am Dienstag, berichteten die Kirchenvertreter. Noch ein weiterer ebenfalls afghanischer Staatsangehöriger könnte am selben tag abgeschoben werden, auch ihm wurde eine "Scheinkonversion" von den Behörden vorgeworfen.