Während am Rettenbachgletscher in Sölden die Skirennsaison gestartet ist, findet am benachbarten Karlesferner unterhalb des Linken Fernerkogels derzeit ein ganz anderes, stilleres Rennen statt: der Wettlauf zwischen massentouristischer Erschließung und unberührter Hochgebirgslandschaft.

Die "Allianz für die Seele der Alpen" - bestehend aus Alpenverein, Naturfreunden und WWF Österreich - warnt vor den langfristigen Folgen von weiterer massentouristischer Verbauung und Naturzerstörung. Für Prestigeprojekte wie die Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal wird kostbare Landschaft für immer zerstört, der Bodenverbrauch ist enorm. Daher muss die ungebremste Expansion von Skigebietsfläche mit verbindlichen Ausbaugrenzen eingedämmt werden", fordern Alpenverein-Generalsekretär Robert Renzler und WWF-Alpenschutzexperte Josef Schrank. "Anstatt Gletscherverbauungen für neue Marketingsuperlative zu genehmigen, sollte die Politik nachhaltige Konzepte fördern, wo Tourismus und Naturschutz Hand in Hand gehen."

Aktuell besonders gefährlich für die Umwelt ist das geplante Mega-Projekt "Schigebietserweiterung und -zusammenschluss Pitztal-Ötztal". Die Fakten: 35.000 Kubikmeter verbauter Beton, Sprengung und Abtrag von über 750.000 Kubikmetern Gestein, Erde und Eis, mehr als 116 Fußballfelder permanenter Flächenverbrauch. "Während die Augen der Skiwelt auf den Rennhang des Rettenbachgletschers gerichtet sind, laufen direkt am Nachbarberg Planungen für ein naturzerstörerisches Megaprojekt von unfassbaren Dimensionen. Der geplante Gletscherzusammenschluss mit zusätzlichen 64 Hektar Pistenfläche ist ein massiver Eingriff in eine hochsensible Gebirgslandschaft", sagt Robert Renzler, Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins.

Vor allem der Gipfel des Linken Fernerkogels ist dem Projekt im Weg. Er soll deshalb gesprengt werden.

Petition für den Naturschutz

Mit einer Petition will man die Baumaßnahme bekämpfen und die „Neuerschließung von drei bisher unberührten Gletschern“ verhindern. Konkret sei eine Fläche von mehr als 116 Fußballfeldern betroffen - es sollen drei Seilbahnen sowie Restaurants und Bars mit einer Kapazität von 1600 Gästen errichtet werden. Vier Kilometer an neuen Straßen und Wegen sowie ein befahrbarer Tunnel mit einer Länge von 600 Metern sei geplant.

Der Nutzungs- und Erschließungsdruck auf diese besonders wertvollen, letzten alpinen Freiräume ist größer denn je: Nur noch sieben Prozent der österreichischen Staatsfläche sind heute weitgehend naturbelassen und unerschlossen. Auch die vorherrschende Meinung, dass Gletscherskigebiete aufgrund ihrer Schneesicherheit keine künstliche Beschneiung bräuchten und deshalb umweltverträglicher wären, widerlegt Robert Renzler: "Pisten auf Gletschergebiet benötigen drei Mal so viel Schnee wie normale Pisten. Von den 64 Hektar neuer Pistenfläche sollen zehn Hektar technisch beschneit werden, was einen riesigen Speicherteich notwendig macht, der bisher unberührte Fließgewässer ableitet. Diese Pläne für die Verbauung unberührter Gletscherwildnis mit energiefressender Infrastruktur sind sinnbildlich für die verfehlte Klima- und Umweltpolitik Österreichs." 

Forderung nach Gletscherschutz ohne Ausnahmen

Mehrere Studien zeigen, dass ohne umfassende Klimaschutzmaßnahmen und bei weiter zunehmender Klimaerwärmung die Ostalpen noch in diesem Jahrhundert weitgehend eisfrei sein könnten. Österreich ist aufgrund seiner alpinen Lage besonders unter Druck, da höher gelegene Bergregionen und die Gletscher sich deutlich schneller als der weltweite Durchschnitt erwärmen. "Die großen Herausforderungen unserer Zeit - Klimakrise, Biodiversitätskrise und Flächenfraß - müssen ganzheitlich betrachtet und auf allen Ebenen bekämpft werden. Daher brauchen wir anstatt eines weiteren Ausbaus touristischer Infrastruktur vielmehr einen umfassenderen Schutz der letzten alpinen Freiräume sowie einen Gletscherschutz, der ohne Ausnahmen durchgesetzt wird", sagt Josef Schrank, Alpenschutzexperte vom WWF Österreich.