Der dreitägige Mordprozess gegen einen 20-Jährigen, der im Jänner seine Ex-Freundin getötet haben soll, ist am Dienstag am Landesgericht in Wiener Neustadt gestartet. Die 16-Jährige beendete die Beziehung, worauf der Syrer dem Mädchen vor ihrem Wohnhaus aufgelauert und es im Anton-Wodica-Park mit einem Gürtel erdrosselt haben soll. Der junge Mann sprach am ersten Prozesstag von einem Unfall.

Eifersucht

Dem 20-Jährigen wurde aber nicht nur der Mord vorgeworfen, sondern auch zahlreiche andere Delikte, da der junge Mann laut Staatsanwältin Antonella Baca die Trennung nur schwer verkraftet und dem Mädchen aufgrund von Eifersucht und obsessiven Verhaltens immer wieder nachgestellt, belästigt und auch tätlich angegriffen haben soll. Im Zuge dessen soll der 20-Jährige auch auf den Stiefbruder und den Großcousin der 16-Jährigen mit einem Messer losgegangen sein und diese bedroht haben, weil sie sich in die Beziehung einmischten.

Deshalb musste sich der Syrer auch wegen Körperverletzung, versuchter absichtlich schwerer Körperverletzung, versuchter schwerer Nötigung sowie sexueller Belästigung verantworten. Es gab auch eine einstweilige Verfügung gegen den Beschuldigten, sich der 16-Jährigen nicht mehr zu nähern. "Da kehrte kurze Zeit Ruhe ein", sagte die Staatsanwältin. Angeklagt war auch Störung der Totenruhe, weil er sich an der Leiche der 16-Jährigen vergangen haben soll.

Der 20-Jährige bekannte sich vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Kurt Weisgram) größtenteils nicht schuldig. "Ich habe Fehler gemacht, aber ich habe keinen Mord begangen", sagte der Angeklagte, der von Andreas Reichenbach verteidigt wurde. Seine Ex-Freundin sei durch einen Unfall ums Leben gekommen, meinte er. Die 16-Jährige sei auf die Bank gestiegen, ausgerutscht und mit dem Hals auf die Banklehne geknallt.

Beziehung beendet

Der Syrer, der seit fünf Jahren in Österreich ist, und das Mädchen lernten einander 2016 kennen. Eineinhalb Jahre waren sie ein Paar, ehe die 16-Jährige die Beziehung im Sommer 2018 beendete. Das wollte der junge Mann nicht akzeptieren und stellte dem Mädchen immer wieder nach, so auch in der Nacht auf den 13. Jänner. Die 16-Jährige traf sich mit Freunden, um in der Wiener Neustädter Innenstadt eine Lokaltour zu machen. Als der Syrer davon erfuhr, setzte er sich ins Taxi und reiste aus Wien an. Dort traf er gegen 3.00 Uhr auf seine Ex-Freundin, die sich in einer Bar angeregt mit einem Schulfreund unterhielt. Eifersüchtig auf den Nebenbuhler stellte er die 16-Jährige zur Rede, doch diese blockte den Ex erneut ab. Die Abwehrhaltung der Teenagerin ist auf einem Überwachungsvideo zu sehen, das dem Gericht vorgespielt wurde.

Laut Staatsanwältin soll die ablehnende Haltung der Jugendlichen ihr Todesurteil gewesen sein. Er beobachtete die 16-Jährige so lange, bis sie gegen 6.00 Uhr Anstalten machte, nach Hause zu fahren. Der Syrer machte sich eilig auf den Weg zur Wohnung ihrer Mutter, um die Ex-Freundin abzupassen. Beim Anton-Wodica-Park drängte er die 16-Jährige in die Grünanlage, nahm laut Anklägerin einen Stoffgürtel und erdrosselte das Mädchen derart heftig, dass es erstickte und es zu einer Atem- und Hirnlähmung kam.

Ausgerutscht

Das stellte der Angeklagte vehement in Abrede. Da die Familie des Mädchens gegen die Beziehung zu dem Syrer war, habe die 16-Jährige nur so getan, als hätten die beiden keinen Kontakt. "Sie hat das so gespielt", berichtete der Angeklagte. In der Nacht im Jänner habe die 16-Jährige sogar vorgeschlagen, einander später im Anton-Wodica-Park zu treffen.

Dort sei es auf der Bank zu sexuellen Handlungen gekommen, womit er die aufgrund der Spuren angeklagte Störung der Totenruhe erklären will. Dabei sei das Mädchen auf seinem Schoß gesessen. Er berichtete der 16-Jährigen dort allerdings, auch mit einer anderen Frau Kontakt zu haben. Aus Wut wollte das Mädchen laut Angeklagten vom Schoß des 20-Jährigen. Beim Aufstehen sei die 16-Jährige aufgrund ihrer Alkoholisierung ausgerutscht und mit dem Hals auf die Lehne geknallt.

"Sie hat mir keine Antwort gegeben und hat komisch geschaut. Sie hat ausgeschaut wie tot, wie eine Leiche", sagte der 20-Jährige. "Ich hab Panik und Angst bekommen", schilderte der Angeklagte, er habe die Leiche im Gebüsch versteckt.

Male am Hals

Auf den Vorhalt von Richter Weisgram, dass die Male am Hals des Mordopfers verblüffende Ähnlichkeit mit Ösen des Gürtels des Beschuldigten übereinstimmen, meinte er: "Ich kann das nicht erklären. Ich habe überhaupt nichts gemacht. Ich habe keinen Mord begangen. Ich hab' sie nur versteckt", meinte der Angeklagte.

Kurz vor 8.00 Uhr rief die Mutter den jungen Mann an, weil sie sich Sorgen um ihre Tochter machte. Der 20-Jährige behauptete, in Wien zu sein und vom Verbleib der 16-Jährigen nichts zu wissen. Das wurde jedoch durch die Rufdatenauswertung widerlegt, da das Handy des Burschen zu dem Zeitpunkt in Wiener Neustadt eingeloggt war. Mit dem Handy des Opfers versuchte der Syrer noch eine falsche Spur zu legen, indem er ein Lebenszeichen über Facebook fingierte. Danach warf er beide Mobiltelefone weg.

Im Gebüsch entdeckt

Kurz vor 10.00 Uhr entdeckte eine Freundin der Mutter der 16-Jährigen die Leiche des Mädchens im Gebüsch, der Ex-Freund wurde noch am selben Tag festgenommen. Der Fall hatte bei der Bevölkerung für Proteste gesorgt. Der junge Mann war nämlich bereits aufgrund von Gewaltdelikten vor Gericht gestanden. Im Falle einer Verurteilung im Sinne der Anklage drohen dem jungen Erwachsenen (18 bis 21 Jahre) bis zu 15 Jahre Haft.

Zeugin widersprach Angeklagten

Die Zeugen, die im Mordprozess am Landesgericht Wiener Neustadt zu Wort kamen, widersprachen den Aussagen des Angeklagten, dass er und die 16-Jährige heimlich die Beziehung weiter geführt haben. Die Freunde erzählten, dass die beiden seit Monaten nicht mehr zusammen waren.

Einer Freundin erzählte die 16-Jährige, dass sie sich von dem Syrer getrennt habe, weil der 20-Jährige eifersüchtig gewesen und ihr gegenüber handgreiflich geworden sei. "Aber sie wollte keine Details darüber sagen", meinte die 17-Jährige im Zeugenstand. In der Nacht der Tat habe sie die 16-Jährige in einem Lokal getroffen. Als dort auch der Beschuldigte auftauchte, fragte sie das Mädchen, ob alles ok sei. Auf die Frage nach dem Warum vonseiten des Senats meinte die junge Frau: "Ich hab' mir Sorgen gemacht. Ich vertrau ihm nicht so." Eine 18-jährige Freundin wusste auch von der einstweiligen Verfügung gegen den Angeklagten.

Auch sein bester Freund kam zu Wort: Zu ihm fuhr der Beschuldigte kurz nach der Tat, um sich eine saubere Hose zu holen. Der 20-Jährige hatte im Kniebereich Verschmutzungen und berichtete seinem gleichaltrigen Freund, dass er eine Auseinandersetzung mit Tschetschenen gehabt habe. Er habe ihm geglaubt, aber: "Er wirkte überdreht."

Auch er habe immer wieder seinem Freund geraten, die 16-Jährige in Ruhe zu lassen. Es habe ja nichts gebracht. "Sie wollte keine Beziehung mehr", meinte der 20-jährige Zeuge. "Ich hab' immer gesagt, lass sie in Ruhe, sie will dich nicht mehr."

Die Verhandlung wird am Mittwoch mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Nachdem am Donnerstag die letzten Gutachter zu Wort kommen, wird ein Urteil gefällt.