Die Polizei in Österreich fahndet derzeit landesweit nach dem Russen Igor Egorovich Zaytsev, berichtet der "Kurier" (Freitag). Der 65-jährige Mann steht unter dem dringenden Verdacht, zum Nachteil der Republik Österreich im Inland geheime Aktivitäten des russischen Militärgeheimdienstes GRU betrieben zu haben.

Die Fahndung wurde am Dienstag von der Staatsanwaltschaft Salzburg hinausgegeben. Es geht um den Verrat von Staatsgeheimnissen und vorsätzliche Preisgabe eines militärischen Geheimnisses. Das Innenministerium bestätigte gegenüber dem "Kurier" die entsprechende Fahndung, wollte zu den Details der Ermittlungen aber nichts sagen. Vorerst gibt es einen internationalen Haftbefehl.

Der Fall dürfte laut dem Blatt aber in Zusammenhang mit dem Spionagefall um einen pensionierten Bundesheer-Oberst aus Salzburg stehen. Der 70-Jährige sitzt seit Monaten in Untersuchungshaft in Salzburg. Der Offizier, der zuletzt in der Abteilung Strukturplanung (Material, Personal, Truppenausstattung) im Verteidigungsministerium seinen Dienst schob, soll von 1992 bis zum Herbst des Vorjahres für den russischen Militärgeheimdienst GRU Informationen illegal beschafft haben.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg ermittelt gegen den Salzburger wegen des Vergehens des geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs (§ 256 StGB), des Verbrechens des Verrats von Staatsgeheimnissen (§ 252 Abs 1 StGB) sowie wegen vorsätzlicher Preisgabe eines militärischen Geheimnisses (§ 26 Abs 2 Militärstrafgesetz).

Neue Verdachtsmomente

Die nun eingeleitete Fahndung könnte aber laut "Kurier" darauf hinweisen, dass der pensionierte Oberst nun etwas erzählt hat oder man zumindest auf die Spur eines Verbindungsoffiziers gelangt sein könnte. Michael Hofer, der Anwalt des Verdächtigen, betonte allerdings, dass sein Mandant weiterhin jeden Spionageverdacht von sich weist und sicherlich keinen Hinweis auf Zaytsev gegeben habe.

Am späten Donnerstagnachmittag hat die Landespolizeidirektion Salzburg eine mit Sicherheits- und Justizbehörden akkordierte Aussendung zu der Causa an die Medien übermittelt. Darin hieß es: "Aufgrund der Ermittlungen des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) bei der Landespolizeidirektion Salzburg hat die Staatsanwaltschaft Salzburg die Festnahme und Ausschreibung eines 65-jährigen Führungsoffiziers des russischen Militärgeheimdienstes "Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije" (GRU bzw. nunmehr auch GU) zur Verhaftung mit europäischem und internationalem Haftbefehl angeordnet."

Führungsoffizier des GRU

Der Führungsoffizier des GRU sei verdächtig, einen 70-jährigen Oberst außer Dienst des Österreichischen Bundesheeres zum Betreiben eines geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs (Paragraf 256 StGB), des Verrats von Staatsgeheimnissen (Paragraf 252 StGB) und der vorsätzlichen Preisgabe militärischer Geheimnisse (Paragraf 26 MilStG) angeleitet zu haben.

Zur Vorgeschichte wurde in der Aussendung mitgeteilt, dass im Zuge von Ermittlungen durch einen ausländischen Dienst ein operatives Arbeitstreffen zwischen dem mutmaßlichen Bundesheer-Spion und dem russischen Führungsoffizier beobachtet worden sei. "Bei diesem Treffen wurden dem Österreicher im Gegenzug für die Preisgabe von Informationen seitens des Führungsoffiziers nahezu 30.000 Euro in bar übergeben."

Spätestens nach seinem ersten bekannten Kontakt im Jahr 1987 habe der Oberst im Dienste des russischen Militärgeheimdienstes spioniert und seinen Führungsoffizier mit umfassenden Informationen über weitere Belange des militärischen Spektrums des Österreichischen Bundesheeres versorgt, insbesondere über Waffensysteme und Aufgabenstellungen der Land- und Luftstreitkräfte. Das hätten die bisherigen Erkenntnisse ergeben, hieß es in der Aussendung der Landespolizeidirektion Salzburg.

"Für die länderübergreifenden Spionagetätigkeiten bedienten sich der Bundesheer-Spion und der russische Führungsoffizier, neben dem Agentenführungsfunk und einer hochkomplexen Satelliten-Kommunikation, auch weiterer moderner Spionagetechniken, welche einer regelmäßigen Ausbildung des Spions sowie einer dementsprechenden Anleitung durch den Führungsoffizier bedurften." Durch Sonderermittlungstechniken sei es dem LVT Salzburg gelungen, dies zu analysieren und die Geräte auszuwerten.

"Die Spionagetätigkeiten des 70-jährigen Salzburgers setzten sich über seine aktive Dienstzeit im Österreichischen Bundesheer hinaus fort und führten dazu, dass er für seinen jahrzehntelangen Einsatz insgesamt mehrere hunderttausend Euro lukrieren konnte. Eine Vermögenssicherung zur Sicherstellung der Abschöpfung wurde bereits vorgenommen", wurde erklärt. Der beschuldigte Oberst befinde sich nach wie vor in der Justizanstalt Salzburg in Untersuchungshaft "und schweigt, ausgenommen seiner Erstverantwortung, zu den nunmehr erhobenen Tatvorwürfen, Fakten und Ermittlungsergebnissen".

Aus Gründen der nationalen Sicherheit würden sich die Ermittlungen der Salzburger Sicherheits- und Justizbehörden besonders herausfordernd gestalten. "Die weiterführenden Ermittlungen des LVT Salzburg werden in ständigem Kontakt sowie Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft Salzburg geführt."