Ein 64-Jähriger, der am 29. März 2018 eine Prostituierte (28) erwürgt, zerstückelt und die Leichenteile im Neusiedler See versenkt haben soll, hat sich am Dienstag am Landesgericht Wien wegen Mordes verantworten müssen. Der wegen Totschlags, Vergewaltigung und Notzucht massiv Vorbestrafte erhielt lebenslange Haft und die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Schuldig bekannt

Der Angeklagte bekannte sich schuldig, die gebürtige Ungarin in Wien getötet zu haben, weil sie sich über ihn lustig gemacht habe. Statt der ausgemachten Zärtlichkeiten wollte die 28-Jährige nur den Geschlechtsverkehr vollziehen, alles darüber hinaus hätte zusätzliches Geld gekostet. Nach der Tötung hätte er sein Opfer mit einer Säge und einem Messer in der Badewanne zerstückelt. Mit den Leichenteilen fuhr er dann in die Ruster Bucht, wo er eine Hütte geerbt hatte, und versenkte diese.

Die Staatsanwältin ging in ihrem Plädoyer ausführlich auf die bisherigen Vorstrafen des Angeklagten ein, und betonte sein brutales, sadistisches Vorgehen bei dessen Sexualdelikten. "Was er von der Tat erzählt, ist nur die Spitze des Eisbergs", zeigte sich die Anklägerin überzeugt. Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bescheinigt dem 64-Jährigen eine hochgradige geistige Abnormität und stuft den Mann in Verbindung damit als gefährlich ein. Laut Gutachten weist der Angeklagte eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit sadistischen Elementen und Zügen zum Kannibalismus auf.

Angeklagter als Opfer?

Verteidigerin Astrid Wagner stellte ihren Mandanten als Opfer dar. Dieser hätte eine lieblose Kindheit erlebt und mehr als 30 Jahre hinter Gittern verbracht. "Im Gefängnis verlernt man das Leben und die Liebe." Die Gesellschaft habe dazu beigetragen, dass er "körperlich und seelisch verkrüppelt ist". Er sei keine Bestie, sondern habe auch seine guten Seiten. "Er ist hilfsbereit, mitfühlend und hat einen starken Familiensinn, vor allem für seine Enkelkinder." Später gefragt, wie viele Enkelkinder er habe, sagte er: "Sechs oder acht, so genau weiß ich das nicht."

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Der Angeklagte berichtete von der Zeit seiner bedingten Enthaftung aus der Anstalt für geistig abnorme Straftäter. Nach dem Tod seiner Mutter sei er aus der betreuten Einrichtung in deren Gemeindewohnung eingezogen. Allerdings gab es finanzielle Probleme und seine Freundin sei psychisch instabil gewesen. Als diese stationär zum Alkoholentzug aufgenommen war, sprach er im März 2018 sein späteres Opfer am Westbahnhof an. Er habe sich mit diversen Frauen immer wieder Streicheleinheiten erkauft. "Ausgemacht haben wir für 50 Euro ein bissi Schmusen und Busenkuscheln."

Bei ihm zu Hause habe diese aber weitere 50 Euro für Zärtlichkeiten verlangt und zu schreien begonnen. "Ich habe die Panik bekommen, dass Nachbarn die Polizei rufen und habe sie gewürgt." Danach ließ er noch mal von ihr ab, woraufhin die 28-Jährige wieder zu schreien begonnen habe, daraufhin habe er sie erwürgt. "Ich habe den Puls gefühlt und sie geschüttelt, aber der Kopf hat nur mehr herumgewackelt." Anschließend schaffte er die Leiche in die Badewanne. "Ich habe gewusst, ich habe Scheiße gebaut, aber ich wollte nicht ins Gefängnis", so der 64-Jährige zu Richterin Christina Salzborn.

Gulasch gekocht

Deshalb zerstückelte er die Leiche, verpackte die Einzelteile in Müllsäcke und brachte diese in seine Seehütte. Eigentlich wollte er die menschlichen Überreste mitten im See versenken. "Doch der Bootsakku ist mitten in der Ruster Bucht verreckt." Am nächsten Tag habe er bemerkt, dass er einen Sack samt Inhalt vergessen hatte. Aus einem Teil habe er Gulasch gekocht, ein viertel bis ein halbes Kilogramm faschiert. Er habe sich gedacht, "vielleicht koste ich das einmal".

Auf die Schliche kam die Polizei dem 64-Jährigen u.a. durch die Hilfe von Leichenspürhunden, die bei seiner Hütte anschlugen. Durch DNA-Abgleich und Spuren im Badezimmer waren die Beweise so erdrückend, dass er die Tat gestand.

Beratung begonnen

Im Mordprozess im Wiener Straflandesgericht haben sich am Mittwoch bereits um 12.15 Uhr die Geschworenen zur Beratung zurückgezogen. Zuvor hatte die Staatsanwältin klar gemacht, dass nur die Höchststrafe angemessen sei, während Verteidigerin Astrid Wagner sich gegen lebenslange Haft aussprach und auf die verminderte Steuerungsfähigkeit ihres Mandanten verwies.

"Ich habe viel gehört, was bei ihm schiefgelaufen ist und über seine Befindlichkeiten, aber ich habe nicht gehört, es tut ihm leid - kein einziges Wort der Reue oder des Bedauerns", kritisierte die Staatsanwältin. "Er ist auch ein Mensch mit seiner Geschichte", wandte sich Wagner an die Geschworenen. Lebenslang sei ihrer Ansicht nach nur für eiskalte Triebtäter gedacht. Zudem sah sie eine Vorverurteilung durch Medien. "Wenn nicht die ungustiöse Geschichte mit dem Zerstückeln und dem Gulasch wäre, dann wäre das eine Allerweltsgeschichte", sagte die Juristin.

"Ich habe sehr wohl gesagt, dass es mir leidtut", meinte der Angeklagte in seinem Schlusswort, um gleich darauf neuerlich minutenlang über seine finanziellen Probleme, seine Krankheiten, die Wohnung seiner Mutter, AMS und Beziehungsprobleme zu berichten. Für all dies machte er Gott und die Welt, aber nicht sich selbst verantwortlich. "Ich habe mich verlassen und verarscht gefühlt."

"Sie hat mich angesprochen, nicht ich sie", meinte der 64-Jährige. "Hätte sie sich an das gehalten, was ausgemacht war, wäre gar nichts passiert." Er bitte nicht um ein mildes Urteil, "ich werde nie wieder heimgehen", wolle aber aufzeigen, was dazu geführt habe.

Schwere Persönlichkeitsstörung

Zuvor hatte der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann dem Angeklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung attestiert. Dieser sei emotional instabil mit Aggressionsausbrüchen und niedriger Frustrationstoleranz. Zugleich habe er eine narzisstische Ausprägung und wolle im Mittelpunkt stehen. Seine bisherigen Vorstrafen würden eine hochsexualisierte, sadistische Gewalt zeigen.

Dass der 64-Jährige nach zahlreichen Gutachten überhaupt bedingt aus dem Maßnahmenvollzug entlassen wurde, erklärte sich Hofmann u.a. mit dem "Charme des Psychopathen". Er habe gute Umgangsformen und wirke durch sein Alter und die Krankheit als älterer, freundlicher Mann. Im Alter hätten Männer weniger Testosteron, was die Wahrscheinlichkeit von Aggressionsdelikten verringere. Hätte man damals jedoch von den Folter-Pornos gewusst, die nach der Festnahme auf dem PC des Angeklagten gefunden hat, wäre man wohl zurückhaltender mit der Entlassung gewesen.

Ob das 28-jährige Opfer tatsächlich durch Erwürgen ums Leben gekommen ist, konnte die medizinische Sachverständige Elisabeth Friedrich nicht sagen, da die entsprechenden Körperteile nicht gefunden wurden. Dadurch seien auch mögliche Misshandlungen nicht mehr festzustellen. Das Zerstückeln sei jedenfalls sehr aufwendig gewesen und habe Stunden gedauert. Dabei sei zudem sehr professionell vorgegangen worden, weshalb man zunächst vermutet habe, ein Arzt oder Fleischhauer könnte dafür verantwortlich sein.