Ein handgreiflicher Konflikt an einer HTL in Wien-Ottakring hat einem Lehrer das vorläufige Ende seiner Unterrichtstätigkeit und einem Schüler eine Disziplinarkonferenz eingebracht.

Die Bildungsdirektion will ab heute die Hintergründe und Vorgeschichte des Falls klären. Im Internet kursierende Videos zeigen, wie der Pädagoge den Jugendlichen bespuckt und von ihm gegen die Tafel gestoßen wird. Weitere Videos zeigen, wie der Lehrer bereits im Vorfeld von Schülern massiv gemobbt wurde.

Druck auf die Schulleitung

Ebenfalls gestartet wurde ein Petition auf Facebook, die den Lehrer unterstützen will und den Rücktritt der HTL-Direktion fordert. Der Link ist derzeit nicht mehr erreichbar. Innerhalb kürzester Zeit fand die Aktion bereits mehr als 15.000 Unterstützer, die inzwischen den Rücktritt des Direktors fordern. Auf Facebook wird dazu aufgerufen, "per Mail UND am besten auch per Telefon den Rücktritt des Direktors" zu fordern. "Stellen wir klar, dass das so nicht geht! Friedlicher Protest ist immer die wirkungsvollste Form!", heißt es im Post weiter. Dieser Fall von Mobbing sei kein Einzelfall und als Strukturproblem zu sehen.

Volksanwalt Fichtenbauer leitet Verfahren ein

Der Mobbing-Vorfall hat Volksanwalt Peter Fichtenbauer auf den Plan gefrufen. Dieser leitet ein amtswegiges Prüfverfahren wegen Verdachts auf grobe Verletzung der Aufsichtspflicht ein: „Liest man die Berichte über den Vorfall, scheinen bei allen Beteiligten die Sicherungen durchgebrannt zu sein“, so der Volksanwalt, „Aufgeklärt werden muss, wie lange diese Zustände schon bekannt waren und ob und inwieweit es sich um eine Intrige der Schüler gegen den Lehrer handelt.“

Von Lehrern angestiftet?

Außerdem soll ermittelt werden, ob andere Lehrer Schüler tatsächlich angestiftet haben, ihren Kollegen zu mobben. „Auf gar keinen Fall kann zur Tagesordnung übergegangen werden. Die Leitungsqualität ist beim derzeitigen Stand der Dinge schwer zu hinterfragen“, so Fichtenbauer.

Bundesschulsprecher: Früher eingreifen

Eine zu langsame Reaktion der Schule ortet Bundesschulsprecher Timo Steyer im Fall des Schüler-Lehrer-Konflikts. "Wir haben von Freunden mitbekommen, dass es dort schon länger Brenzligkeiten gab", so Steyer zur APA. "Wer auch immer der Verursacher ist - man hätte früher eingreifen müssen."

Generell brauche es an den Schulen dafür mehr Supportpersonal oder auch Psychologen, forderte Steyer. "Wenn es in einer Klasse zu Vorkommnissen zwischen Schülern und Lehrkraft kommt, muss man handeln, bevor es eskaliert."

Was war passiert?

Laut Berichten mehrerer Medien vom Samstag soll es mit dem betreffenden Lehrer schon vor diesem Vorfall Probleme gegeben haben. Er habe sich gegen die Schüler nicht durchsetzen können und sie rassistisch beleidigt. Gleichzeitig soll der Pädagoge selbst schon länger schikaniert worden sein. Im Internet veröffentlichte Handyvideos zeigen, wie er von Schülern unter einem Tisch kauernd mit Papierkugeln beworfen, mit einer Trillerpfeife drangsaliert oder von mehreren Schülern eingekesselt wird. Andere Kollegen sollen gut mit den Schülern zurechtkommen.

Der Lehrer soll nun einvernommen und danach über dienstrechtliche Konsequenzen entschieden werden, hieß es am Samstag aus der Bildungsdirektion auf Anfrage der APA. Unabhängig davon hat die Schule bereits entschieden, diesen nicht mehr alleine in eine Klasse zu stellen und seinen Vertrag im kommenden Schuljahr nicht zu verlängern.

Eine Disziplinarkonferenz soll außerdem etwaiges Fehlverhalten jenes Schülers untersuchen, der in dem Video den Pädagogen angegriffen haben soll. Auch mögliche Provokateure sollen sich verantworten müssen. Außerdem soll hinterfragt werden, ob Schüler möglicherweise auch etwas für die Kamera "inszeniert" hätten.

"Boxringatmosphäre"

Die in den Videos beobachtbare "Boxringatmosphäre" sei an Wiener Schulen auf jeden Fall inakzeptabel. Man werde bei Vorfällen wie diesen hart durchgreifen, so der Sprecher von Bildungsdirektor Heinrich Himmer, der auf jüngste Maßnahmen zum Umgang mit Gewalt an Schulen verwies. "Der Fall taugt aber weder zum Lehrerbashing, weil die Mehrzahl der Lehrer gute Arbeit leistet, noch ist es ein Anlass, Schüler generell als Gewalttäter zu stilisieren."

Die Wiener FPÖ sieht in dem Vorfall indes einen Beleg für einen Anstieg brutaler Übergriffe an Wiener Schulen und wiederholt in einer Aussendung vom Samstag ihre Forderung nach "Erziehungscamps" zur "Resozialisierung" von "gewalttätigen Problemschülern". Die Wiener NEOS setzen weiter auf Schulsozialarbeiter an jeder Schule, "um Konflikte zu entschärfen bzw. schon im Ansatz zu vermeiden". Die Wiener ÖVP will wiederum analog zur Verkehrserziehung "flächendeckenden und verpflichtenden Anti-Gewalt-Präventionsunterricht an den Wiener Schulen".