Berichte von ehemaligen Arbeitern und Ingenieuren am Bauprojekt des slowakischen Atomkraftwerk Mochovce 3 haben am Mittwoch für Aufregung gesorgt. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sprach von "sehr besorgniserregenden Berichten" über Sicherheitsmängel und forderte vollständige Aufklärung durch die slowakischen Behörden. FPÖ, SPÖ,Liste JETZT und Grüne forderten einen sofortigen Baustopp.

Nur knapp 100 Kilometer von Österreich entfernt

Die neuen Reaktorblöcke 3 und 4 des nur knapp 100 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernten AKW Mochovce sollen in den kommenden Monaten in Betrieb gehen. Mehrere ehemalige Arbeiter und Ingenieure wandten sich nun an die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 und warnten vor gravierenden Mängeln am Bauprojekt. Foto-Dokumente und Zeugenaussagen würden belegen, dass die Sicherheitshülle des Reaktors durch Bohrungen beschädigt wurde und im Falle eines Erdbebens oder von Explosionen im Zuge eines schweren Unfalls versagen könnte, teilte Global 2000 am Mittwoch in einer Aussendung mit.

Tausende Löcher seien in die Wände des Reaktorgebäudes und der hermetischen Kammern gebohrt worden, um Halterungen für Kabel, Rohre und Dampferzeuger zu befestigen. Diese Bohrungen seien "einfach im Blindflug" erfolgt, so Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von Global 2000. Die Umweltorganisation Global 2000 fordert deshalb einen Stopp des AKW-Bauprojekts.

Der Bericht sorgte für allgemeine Kritik am Nachbarland. Alle Sicherheitsbedenken müssten ausgeräumt werden, andernfalls wäre eine Inbetriebnahme "inakzeptabel", forderte Umweltministerin Köstinger vor dem Ministerrat am Mittwoch. Der FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, forderte, dass die Inbetriebnahme der neuen Reaktorblöcke 3 und 4 im slowakischen Atomkraftwerk Mochovce verhindert werden müsse. Er forderte außerdem von der EU, sich stärker einzubringen, um entsprechenden Druck auf die Slowakei zu machen.

Von der Opposition kam die Forderung nach einem sofortigen Baustopp, aber auch Kritik an der Umweltministerin. SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder warf Köstinger vor, "beim Bau des AKW Mochovce tatenlos zugesehen" zu haben. Schieder forderte die Ministerin auf, bei der Europäischen Kommission "einen sofortigen Baustopp und das Verbot der Inbetriebnahme" zu erwirken, um "uns und unsere Kinder vor einer europäischen Katastrophe zu bewahren". Der "brandgefährliche nukleare Schrotthaufen" dürfe niemals ans Netz gehen, so der SPÖ-Spitzenkandidat für die Europawahlen.

"Kanzler Kurz soll endlich Initiative ergreifen"

Der Grüne EU-Spitzenkandidat und Bundessprecher Werner Kogler warf der Regierung und der Vorgängerregierung Versagen vor. "Kanzler (Sebastian) Kurz (ÖVP, Anm.) soll endlich Initiative ergreifen und sich Verbündete suchen, um die slowakische Regierung dazu zu bringen, den weiteren Ausbau von Mochovce zu stoppen und eine unabhängige externe Untersuchung des AKW zuzulassen. Das ist eine europäische Angelegenheit, daher sollte man in Absprache mit gleichgesinnten EU-Ländern und der EU-Kommission auftreten", hieß es in einer Aussendung der Grünen.

Die Liste JETZT sprach von einer "tickende Zeitbombe" und verlangte einen koordinierten europaweiten Atom-Ausstieg. "Bei einem GAU (größter anzunehmender Unfall, Anm.), würden die Bundeshauptstadt, Niederösterreich, das Burgenland und Teile Oberösterreichs schwer verstrahlt, ja vielleicht sogar unbewohnbar", erklärte die JETZT-Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger, in einer Aussendung. Sie forderte entweder einen sofortigen Baustopp oder ein Verbot, den "Schrottreaktor" in Betrieb zu nehmen. "Am besten wäre es, wenn es eine koordinierte europaweite Ausstiegspolitik gäbe", sagte Holzinger.