Die Polizei in Wels ermittelt in einem Streit um eine Schulbusfahrt. Weil der Fahrer einen dunkelhäutigen 14-jährigen Schüler am vergangenen Freitag nicht mitnehmen wollte, nahm ihm dessen älterer Bruder den Startschlüssel weg. Daraufhin waren rund 70 Jugendliche in dem Fahrzeug eingesperrt. Das berichtete die oberösterreichische Polizei am Montag. Die Mutter der Burschen erhob Rassismus-Vorwürfe.

Den vom Fahrer telefonisch zu Hilfe gerufenen Polizeibeamten schilderte der 64-Jährige, er habe am Freitag um 6.30 Uhr früh die Kinder einsteigen lassen, um sie zur Schule zu bringen. Sie seien ihm teilweise bekannt. Unter ihnen habe sich auch ein 14-Jähriger befunden, der in den Tagen zuvor unangenehm aufgefallen sei, zudem habe er seinen Fahrausweis nicht vorweisen können. Deshalb habe er ihm an diesem Tag die Mitnahme verweigert. Als der 22-jährige Bruder in den Bus gestiegen sei, habe er dies auch ihm gesagt.

Bei der Ausfahrt aus der Haltestelle habe der ältere Bruder plötzlich in das Lenkrad gegriffen, den Startschlüssel aus dem Zündschloss gezogen und ihn zur vorderen Einstiegstür geworfen. Dann habe er sich zwischen den Buslenker und die Tür gestellt, um zu verhindern, dass der Fahrer an den Schlüssel gelangt. Deshalb habe er die Polizei gerufen.

70 Schulkinder eingesperrt

Weil sich die Türen nur bei eingeschalteter Zündung öffnen lassen, mussten rund 70 Schulkinder im Bus auf das Eintreffen der Polizei warten. Als der 22-Jährige die Beamten bemerkte, hob er den Schlüssel auf und gab ihn dem Lenker. Um 6.45 Uhr konnten die Jugendlichen den Bus verlassen. Die Polizei nahm den Sachverhalt und die Daten der Beteiligten auf, sie kündigte eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft an.

Ermittlungen wegen Freiheitsentziehung

Die Polizei nahm den Sachverhalt und die Daten der Beteiligten auf. Laut Landespolizeidirektion wird wegen Freiheitsentziehung gegen den 22-Jährigen ermittelt. Auch mehrere Eltern hätten mit dieser Begründung Anzeige erstattet.

Die Mutter des 14- und des 22-Jährigen berichtete in einem sozialen Netzwerk über den Konflikt und forderte "Gleichberechtigung egal welche Hautfarbe sollte doch ihre volle Bedeutung haben." Ihr Vorwurf: "Rassismus herrscht noch stark und darf aber nicht sein".

Busfirma nimmt Stellung

Die Firma, gegen deren Buslenker in Wels Rassismus-Vorwürfe erhoben wurden, hat Montagnachmittag der APA eine ausführliche Stellungnahme zu dem Zwischenfall übermittelt. Demnach habe das Verhalten des Buslenkers nichts mit der Hautfarbe des Schülers zu tun, sondern mit dem Verhalten des Jugendlichen zuvor. Der Rassismus-Vorwurf wurde zurückgewiesen.

Die Firma berichtete, dass der 14-Jährige vor drei Wochen absichtlich vor den Bus gesprungen sei und dabei sich und andere gefährdet habe. Als er vom Lenker zur Rede gestellt worden sei, habe er gegen die Tür getreten und eine ordnungsgemäße Fahrscheinkontrolle nicht ermöglicht. In den darauffolgenden Tagen sei er zu Fuß gegangen, habe dem Lenker aber eine ordinäre Geste gezeigt.

Am vergangenen Donnerstag habe er wieder einsteigen wollen, das sei ihm verweigert worden. Als er es am Freitag wieder versuchte, sei es zu dem Zwischenfall gekommen, bei dem rund 70 Schüler im Bus eingeschlossen waren. Demnächst sei ein Termin mit den Eltern, dem Schüler und Vertretern der Busfirma vereinbart, der zu einer Deeskalation beitragen und das Verhalten des Schülers ändern soll.

Die Firma verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass sie Mitarbeiter aus 17 verschiedenen Ländern beschäftige, darunter auch ein Lenker mit schwarzer Hautfarbe, "der seine Arbeit sehr gut macht". Mindestens die Hälfte der Fahrgäste habe einen migrantischen Hintergrund. Weil sie auch Reisebüros betreibe, lebe die Firma davon, dass die Menschen andere Länder bereisen, fremde Kulturen kennenlernen und respektieren sowie den Horizont erweitern. Diese Werte seien auch in ihrem Leitbild verankert und von der Geschäftsführung abwärts werde dies gelebt.