Nach der Diskussion um den christlichen Sexualkundeverein TeenSTAR reagiert das Bildungsministerium mit einem neuen Erlass zur Zusammenarbeit mit außerschulischen Organisationen in der Sexualpädagogik. Darin wird etwa festgehalten, dass Eltern der Einbindung von Vereinen vorab explizit zustimmen und Lehrer während der Einheiten in der Klasse bleiben müssen.

Im Vorjahr hatten interne Schulungsunterlagen von TeenSTAR für Aufsehen gesorgt, in denen etwa natürliche Familienplanung und kein Sex vor der Ehe propagiert wurden. Die sexuelle Orientierung soll demnach durch eine Kombination aus Therapie, Selbsthilfegruppen und Seelsorge veränderbar, Masturbation schädlich sein.

Anschließend hatte das Ministerium neben TeenSTAR auch diverse andere externe Anbieter im Sexualpädagogik-Bereich unter die Lupe genommen. Generalsekretär Martin Netzer war dabei durchaus überrascht, wie viele Vereine an den Schulen tätig sind und was es da an "Extrempositionen in diesem Bereich" gebe. Die genannten Schulungsunterlagen seien ein "absolutes No Go": "Das hat an einer Schule nichts verloren, das darf so nicht vermittelt werden."

Im Erlass sollen die Lehrer auf ihre Verantwortung hingewiesen werden, so Netzer. "Man kann natürlich externe Vereine zur Unterstützung hereinholen, das ist auch pädagogisch sinnvoll." Dann müssten die Pädagogen aber auch sicherstellen, dass die vorgegebenen Unterrichtsinhalte nicht konterkariert werden. Deshalb: "Die Lehrperson muss im Unterricht drinnen sein und einschreiten, wenn etwas nicht kompatibel ist."

Gesetzeslage nicht allen bewusst

Das sei zwar auch jetzt schon Gesetzeslage, aber vielen Lehrern nicht klar gewesen, betonte Netzer. "Viele Lehrkräfte sagen: Ich gehe bewusst hinaus, weil die Schüler mich vielleicht nicht dabeihaben wollen, weil sie über sensible Themen nicht vor dem Lehrer reden wollen, den sie auch in Mathe etc. haben. Diese Überlegung ist zwar nachvollziehbar, aber es ist nicht rechtskonform."

Außerdem müssen Eltern von den Lehrern im Vorhinein konkret informiert werden, wenn ein Verein in Sachen Sexualpädagogik an der Schule aktiv sei. Dabei reiche nicht eine allgemeine Info. "Es muss mitgeteilt werden, welcher Verein kommt und was er macht. Eltern müssen artikulieren können: Lieber Lehrer, uns wäre lieber, wenn du das selbst machst." Natürlich werde es Fälle geben, wo bei 22 Kindern drei Eltern Einspruch erheben, gestand Netzer zu. Dann liege es beim Pädagogen, die Letztentscheidung zu treffen. In der Praxis bedeute das aber: "Wenn sich die Mehrheit dagegen ausspricht, wird es nicht stattfinden."

An den Bildungsdirektionen wird über die Schulaufsicht außerdem eine Clearingstelle eingerichtet, die Lehrer bei Fragen konsultieren können. "Da können Schulen beraten werden, ob der konkrete Verein bekannt ist und welche Erfahrungen es mit ihm gibt." Außerdem könnten Lehrer dort Unterlagen vorlegen und begutachten lassen.

TeenSTAR wird nicht verboten

Im Fall von TeenSTAR zeichnet sich derzeit ab, dass dessen Aktivitäten nicht konkret verboten werden. In den im Ministerium vorgelegten Unterlagen habe man die inkriminierten Stellen nicht gefunden. Wenn der Verein die Auflagen erfülle und sein Programm umstelle ("Man kann ja gescheiter werden"), habe man keine Handhabe, ihn zu verbieten, so Netzer. In den nächsten Tagen fänden dazu noch Gespräche statt, man sehe sich auch noch einmal die didaktischen Zugänge und die Unterlagen an.

Einzelne Bildungsdirektionen wie in Salzburg hätten Schulen die Zusammenarbeit mit TeenSTAR pauschal untersagt, andere würden dies nicht tun, meinte Netzer. "Wir kriegen umgekehrt auch Vorwürfe, dass wir den Verein umgebracht haben." Finanziert worden seien die Angebote auch nie aus Mitteln des Ministeriums, sondern über Elternvereins-Beiträge. Bei künftigen Fällen setzt Netzer dabei auf die Schulaufsicht: "Wenn die Bildungsdirektion von fünf Schulleitern den Hinweis kriegt, dass da etwas schräg abläuft, dann muss die Behörde einschreiten."

Opposition zu Erlass skeptisch

Mit Skepsis hat die Opposition auf den neuen Erlass des Bildungsministeriums zur Zusammenarbeit mit außerschulischen Organisationen in der Sexualpädagogik reagiert. SPÖ und NEOS befürchteten, dass sich Minister Heinz Faßmann (ÖVP) dabei aus der Verantwortung stehle. Die Liste Jetzt begrüßte den Erlass und forderte die Überprüfung aller einschlägig tätigen Sexualpädagogik-Vereine.

SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner vermisste laut einer Aussendung die nötige Substanz in der Ankündigung des Ministeriums. Neue Clearingstellen in den Bildungsdirektionen würden nichts bringen, wenn in Fällen wie jenem des Vereins "TeenSTAR" nicht gehandelt werde, so Lindner.

Eine Clearingstelle sei grundsätzlich sinnvoll, meinte auch NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos. Doch ohne Handhabe und Übersicht, welche Vereine aktiv seien, sei dies zahnlos. Auch dass jedes Bundesland und jede Bildungsdirektion wieder extra entscheiden könne, sei nicht zielführend.

"Es hat den Anschein, als bräuchte es eine Überprüfung aller derzeit tätigen Vereinen in österreichischen Klassenzimmern", meinte Jetzt-Bildungssprecherin Stephanie Cox: "Wir müssen sicher gehen, dass nicht noch mehr Vereine ihre bedenklichen Inhalte an Österreichs Schulen verbreiten können."