Die Weihnachtszeit ist für die Familien der Verschwundenen oft am schlimmsten. „Die Ungewissheit lässt viele Angehörige verzweifeln“, sagt Christian Mader. Seit fast drei Jahren sucht der Polizist mit seinem privaten Verein „Österreich findet euch“ nach vermissten Menschen: Mader und sein Team stellen die Bilder und Namen der Gesuchten online und bitten die Internetgemeinde um Hinweise. Fast 10.000 Menschen folgen „Österreich findet euch“ mittlerweile auf Facebook.

Jahrelang hat Mader die Abgängigenfahndung der Wiener Polizei geleitet. Die Suche nach Verschwundenen hat ihn nie losgelassen: „Die Aufrufe im Internet sind ein gutes Mittel. Online sind die Menschen oft sehr hellhörig und hilfsbereit.“ Doch der Polizist kennt auch die Gefahren, wenn Foto und Steckbrief eines Abgängigen ins Netz gestellt werden: „Wir wägen gründlich ab, was wir veröffentlichen.“

Fälschlich Vermisste geistern durch die digitale Welt

Vermisstenmeldungen landen erst auf der Seite, wenn es eine Abgängigkeitsanzeige bei der Polizei gibt. Dort wird der Vermisstensuche im Netz mit gemischten Gefühlen begegnet: „Das ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt Vincenz Kriegs-Au, Pressesprecher des Bundeskriminalamts. Denn landen die Bilder im Internet, sind sie kaum wieder von dort wegzubringen. Jugendliche, die von zu Hause ausreißen, dort aber bald wieder auftauchen, geistern oft noch lange danach als fälschlich Vermisste durch die digitale Welt. Manchmal wird auch nach Menschen gesucht, die gar nicht gefunden werden wollen.

Doch auch die Polizei lässt sich auf die Spurensuche im Internet ein. Gibt es einen gerichtlichen Auftrag zur Fahndung, kann ein Foto des vermissten Menschen veröffentlicht werden – wenn die Angehörigen dem zustimmen. Die Polizei gibt das Bild und die Daten dann an die Medien weiter und stellt den Steckbrief auch auf ihre eigenen Internetseiten. Von dort werden sie wieder gelöscht, sobald der Fall geklärt ist. Für Menschensucher Mader überwiegen bei Weitem die Vorteile, die das Internet bei Fahndungen bringt: „Gerade wenn Gefahr in Verzug ist. Etwa bei Abgängigen, die dement sind. Da sollte das Foto so schnell wie möglich raus.“

In Österreich sind derzeit 1102 Menschen abgängig gemeldet. Darunter sind laut dem Innenministerium aber rund 600, die bereits seit den 1960er-Jahren gesucht werden, und etwa 300 Migranten, die 2015 während des Flüchtlingsstroms nach Österreich kamen, nicht registriert wurden – und wohl untergetaucht sind.

„Die meisten Fälle werden zum Glück schnell aufgeklärt. Wir versuchen, einen Beitrag zu leisten“, sagt Mader. Die Vermisstensuche im Netz ist damit auch ein Teil des Kampfs gegen die Ungewissheit und für ein, hoffentlich, gutes Ende.