Nach einer Auswertung der Altersstatistik werden in zehn Jahren knapp die Hälfte aller niedergelassenen und mehr als die Hälfte aller Ärzte mit Gebietskrankenkassen-Vertrag in Pension gehen. Vizepräsident Johannes Steinhart fordert deshalb bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte und einen politischen Gipfel.

Pensionswelle

Die Standesvertretung hat die Altersstatistik (Stand Dezember 2018) aller 18.287 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ausgewertet. In zehn Jahren werden demnach 48 Prozent aller niedergelassenen Ärzte das Pensionsalter erreicht haben. Den mittelfristigen jährlichen Nachbesetzungsbedarf hat die Ärztekammer mit 938 Ärzten errechnet. Das sei aber nur jene Zahl, die zur Aufrechterhaltung des Status Quo in fünf Jahren benötigt werde, um die pensionsbedingten Abgänge zu kompensieren.

Allerdings sein man weit davon entfernt, diesen Bedarf decken zu können, meinte Steinhart. 2017 gab es zwar an den öffentlichen Universitäten 1.665 Medizin-Absolventen, aber nur rund 40 Prozent davon werden in Österreich als Ärzte arbeiten. Verschärfend komme noch hinzu, dass der Ärztebedarf steigen werde, weil die Bevölkerung wachse und älter und somit auch betreuungsintensiver werde.

Ärzte mit einem GKK-Vertrag

Noch dramatischer sei die Situation der 7.099 Ärzte mit einem GKK-Vertrag. Von diesen haben in zehn Jahren 55 Prozent das Pensionsalter erreicht. Den mittelfristigen Nachbesetzungsbedarf gab Steinhart hier mit 434 GKK-Ärzten pro Jahr an. Bei den Fachärzten werden sogar 60 Prozent in zehn Jahren in Pension gehen - von den heute 239 praktizierenden Orthopäden sind es 64 Prozent, von den 394 Frauenärzten 65 Prozent, von den 166 Urologen 58 Prozent und von den 390 Fachärzten für Innere Medizin 61 Prozent.

Nur geringfügig besser ist die Situation bei den 10.099 Wahlärzten, die Steinhart als "unverzichtbare Säule" der ärztlichen Versorgung bezeichnete. Hier erreichen in den nächsten zehn Jahren fast 42 Prozent das Pensionsalter.

Situation verschärft sich massiv

Der Ärztekammer-Vizepräsident betonte, dass sich die Situation rapide verschärfe und auch für die Patienten schon fühlbar werde, etwa wenn Kassenstellen nicht mehr nachbesetzt werden können. Kritik übte der Obmann der niedergelassenen Ärzte an Politikern, die das Problem leugnen und nur von einem Verteilungsproblem der Ärzte sprechen. Dass die OECD in Österreich die zweithöchste Ärztedichte nach Griechenland errechnet hat, führt Steinhart auf unterschiedliche Meldesysteme zurück.

Er drängt jedenfalls auf rasche Maßnahmen und fordert dringend die Einberufung eines politischen Gipfels zur Behebung des Ärztemangels. Nötig wären nach Ansicht Steinharts nicht nur eine bessere Bezahlung sondern vor allem bessere Arbeitsbedingungen. Er verwies darauf, dass es etwa in Deutschland einen Masterplan zur Erhöhung der Zahl der Medizinstudenten geben. Andere Möglichkeiten wären Stipendien für Landärzte oder von Spitälern, wenn Absolventen eine Zeit lang dort arbeiten. Manche ländliche Regionen locken Ärzte auch mit verschiedenen Zusatzleistungen. Einer Verkürzung des Medizinstudiums kann Steinhart nicht viel abgewinnen. Wohl kann er sich aber eine Anhebung des Pensionsalters, das derzeit bei 70 Jahren für Kassenärzte liegt, als kurzfristige Maßnahme vorstellen.