Wiens Tierschutzstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Polizeipräsident Gerhard Pürstl präsentierten am heutigen Mittwoch ein umfassendes Sicherheits-Maßnahmenpaket. Es ist die mittlerweile 12. Novelle zum Wiener Tierhaltegesetz. Sie wird am 25. Oktober im Wiener Landtag eingebracht werden. Anlass war eine tödliche Attacke durch einen Kampfhund auf ein Kleinkind.

In Wien müssen künftig alle Listenhunde - auch Kampfhunde genannt - einen Maulkorb tragen sowie angeleint sein. Zudem wird ein Alkohollimit für Halter solcher Vierbeiner eingeführt. Die Grenze liegt analog zu Autolenkern bei 0,5 Promille.

Streng bestraft

Bei Verstößen wird streng bestraft. Hält man sich nicht an die Maulkorbpflicht - sie gilt im öffentlichen Raum überall mit Ausnahme von umzäunten Hundezonen -, wird man zu einer Strafe von mindestens 200 Euro sowie einem sechsstündigen Training bei einem Hundetrainer verdonnert. Wird er ein zweites Mal erwischt, muss der Besitzer den Hundeführschein wiederholen. Bereits beim dritten Mal innerhalb von zwei Jahren wird schließlich das Tier abgenommen. "Denn dann ist der Halter ganz offensichtlich nicht vertrauenswürdig", begründete Sima die Vorgangsweise. Kommt es zu einer Bissverletzung durch die Verletzung der Maulkorbpflicht, wird der Hund sofort abgenommen.

Im Falle einer Missachtung der Leinenpflicht setzt es mindestens 100 Euro Strafe. Deutlich teurer ist es, wenn Listenhundbesitzer im betrunkenem Zustand - also über der 0,5-Promille-Schwelle - erwischt werden. Hier wird eine Pönale von mindestens 1.000 Euro fällig.

Noch heuer in Kraft

Sima verwies in dem Zusammenhang auf den Fall jenes Kleinkindes, das vor wenigen Wochen von einem Rottweiler angefallen und infolge an den Verletzungen gestorben war. "Das hat mich sehr betroffen gemacht", so die Ressortchefin. Die Halterin des Rottweilers war zum Zeitpunkt des Vorfalls stark alkoholisiert. Mit dem nunmehrigen Maßnahmenpaket, das noch heuer in Kraft treten wird, wolle man nun die Menschen - und vor allem Kinder - noch besser schützen.

Zwar sei schon bisher vorgeschrieben gewesen, dass ein Hundebesitzer sein Tier im Griff haben müsse, sagte Sima. Mit der Novelle gebe es nun aber eine klare Regelung. Eine solche begrüßte auch Pürstl. Die Polizei werde in erster Linie bei offensichtlichen Verdachtsfällen - "wenn klar ist, dass jemand nicht ganz im Besitz seiner Sinne ist" - die Halter blasen lassen, so Pürstl. Auf die Personalreserven werde sich das nicht merkbar niederschlagen. Man führe im Jahr 400.000 Alkoholkontrollen in Wien durch. "Auf die wenigen zusätzlichen Fälle im öffentlichen Raum - und ich gehe davon aus, dass es wenig sein werden - wird es da nicht ankommen", zeigte sich der Polizeipräsident zuversichtlich.

Hundeführschein wird verschärft

Änderungen gibt es auch rund um den Hundeführschein. Ein solcher ist in Wien für Besitzer von Kampfhunden bereits seit 2010 Pflicht. Nun werden die Modalitäten allerdings verschärft. Die Prüfung selbst wird umfangreicher, da der Praxisteil erweitert wird. Außerdem muss man zwei Jahre nach der Prüfung verpflichtend nochmals antreten, kündigte Sima an.

Derzeit werde der Führschein meistens dann absolviert, wenn der Hund erst einige Monate alt ist. Die Prüfer hätten aber vielfach rückgemeldet, dass ein nochmaliges Antreten mit dem erwachsenen Tier sinnvoll sei, erklärte Sima. Denn die Vierbeiner würden sich oft noch entwickeln.

Außerdem räumt die Novelle des Tierhaltegesetzes den Hundeprüfern mehr Kompetenzen ein. "Sie können dann Wiederholungsprüfungen, zusätzliche Trainingseinheiten oder Schulungen anordnen", so die Ressortchefin. Ebenfalls neu ist, dass auch ein Nicht-Listenhund dann führscheinpflichtig wird, wenn es zu einem Bissvorfall kommt. Bisher war dies Ermessenssache der Polizei. Für den Antritt zur Prüfung ist jedenfalls ein Zehn-Stunden-Training Voraussetzung.

Bittet ein Listenhundehalter einen Verwandten oder Freund, mit seinem Tier Gassi zu gehen, braucht dieser ebenfalls einen Hundeführschein. Das war schon bisher so. In der Novelle wird nun aber eine Mindeststrafe von 200 Euro bei Verstoß festgeschrieben. Bereits beim zweiten Mal wird der Hund abgenommen.

Zuchtverbot

Das Gesetz beinhaltet schließlich auch ein Zuchtverbot von Listenhunden in Wien. Wobei Sima einräumte, dass dies in der Hauptstadt schon jetzt so gut wie kein Thema sei. Macht es trotzdem jemand, winkt eine Mindeststrafe von 1.000 Euro, wobei hier eine einjährige Übergangsfrist gilt.

Beschlossen werden soll das Regelwerk bereits in der Landtagssitzung am 25. Oktober. Bei jenen Passagen, die die Polizei betreffen - also etwa Alko-Limit und Maulkorbpflicht -, muss auch das Innenministerium noch seinen Sanktus geben. Dafür gibt es eine achtwöchige Frist. Ziel ist es laut Sima, dass sämtliche Neuerungen noch heuer wirksam werden.

In Wien waren mit Ende 2017 exakt 55.581 Hunde gemeldet - sechs Prozent oder rund 3.300 davon waren Listenhunde. Seit 2010 gab es laut Rathaus in etwa 2.500 Strafverfahren wegen Verstöße gegen das Tierhaltegesetz. Allein heuer wurden bereits 18 Tiere abgenommen, sieben davon aufgrund eines fehlenden Hundeführscheins und sechs infolge von Bissvorfällen.

Das sind die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

- Generelle Maulkorb- und Leinenpflicht für "Listenhunde" an öffentlichen Orten.  Eine Ausnahme bilden umzäunte Hundezonen.

- Praxisteil beim Hundeführerschein für "Listenhunde"  wird erweitert. Besitzer müssen einen Nachweis erbringen, dass sie ihre Tier ordentlich führen können.

- Hundeführerschein wird auf zwei Jahre befristet.

- Alkoholobergrenze von 0,5 Promille für Besitzer von "Listenhunden", wenn sie mit ihren Tieren in der Öffentlichkeit unterwegs sind.

- Halter von bissigen Hunden brauchen künftig einen Hundeführerschein.

- Zuchtverbot für "Listenhunde"

Ausschnitt aus der heutigen Pressekonferenz in Wien:

Für Vier Pfoten "Pferd von hinten aufgezäumt"

Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" kritisiert das neue "Kampfhunde"-Maßnahmenpaket der Stadt Wien: Es handle sich genau um jene Art von Anlassgesetzgebung, vor der man gewarnt habe, hieß es in einer Aussendung. "Hier wurde leider das Pferd von hinten aufgezäumt", befand Kampagnenleiterin Martina Pluda.

Bezweifelt wird, ob strengere Regeln und höhere Strafen für Halter von Listenhunden tatsächlich sinnvoll sind. Vor allem die Strafen würden das Problem nicht lösen. Viel zu kurz sei das Thema Aufklärung gekommen, wird beklagt. Auch dass nur Listenhunde im Fokus stehen, sorgt für Unmut: "Der Rassetyp bedeutet nicht automatisch, dass ein Hund gefährlich ist. Wir sehen das gerade aktuell am Fall des Dackels, der ein kleines Kind gebissen hat."

Oft hätten derartige Vorfälle mehr mit dem Besitzer und seinem Mangel an Verantwortung für das Tier zu tun: "Das Problem sitzt eigentlich immer am anderen Ende der Leine." "Vier Pfoten" spricht sich für einen verpflichtenden Hundeführschein für alle Halter aus. Zugleich solle es Schulungen und Aufklärungskampagnen zum Thema Umgang mit dem Hund im öffentlichen Raum geben, hieß es. Die Bevölkerung wisse "einfach zu wenig über Hunde".

Positiv sieht "Vier Pfoten", dass die Prüfung zum verpflichtenden Hundeführschein für Listenhund-Besitzer verschärft und der Praxisteil ausgeweitet wird. Auch die Polizei bekomme bessere Möglichkeiten, die mangelnde Vertrauenswürdigkeit eines Tierhalters rascher festzustellen, wurde betont.