Im Vorjahr sind in Wien 27 Fußgänger und sieben Radfahrer bei Unfällen mit Lkw verletzt worden, ein Fußgänger wurde getötet. "Eine besondere Gefahr im urbanen Raum ist der Tote Winkel bei großen Fahrzeugen", sagte ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold am Dienstag in Wien. Der ÖAMTC unterrichtet deshalb gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Wien (WKW) Volksschulkinder, um sie dafür zu sensibilisieren.

Mehrere Klassen der Volksschule Campus Landstraße durften am Dienstag unter anderem ein einem 40-Tonnen-Lkw Platz nehmen, um aus dem Blickwinkel der Fahrer zu erleben, wie leicht Kinder im Toten Winkel übersehen werden. "Bei unseren seit 2017 laufenden Projekttagen zum Toten Winkel wurden bereits mehr als 1.000 Volksschulkinder geschult", sagte Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der WKW. Die Kurse sind in Theorie und Praxis gegliedert. Die Kinder sollten sich beispielsweise so rund um den Lkw positionieren, dass sie gesehen werden, ob dies tatsächlich der Fall ist, durften sie abwechselnd im Führerhaus auf den sechs Spiegeln nachprüfen.

Perspektivenwechsel

"Der Perspektivenwechsel für die Kinder ist wichtig, was sieht der Fahrer, was sieht er nicht", sagte Sertic. Es wird augenscheinlich, dass sich Kinder besonders schwertun bei der Einschätzung, wann sie sich im Toten Winkel befinden. Doch die Verantwortung darf nicht bei den Kindern liegen, betonten die Experten am Dienstag. Seit 1994 gilt in Österreich für Kinder der "unsichtbare Schutzweg". Sie sind in der Straßenverkehrsordnung (StVO) vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen, haben also immer Vorrang.

Ein großes Problem bei Lkw sind oftmals falsch eingestellt Seitenspiegel. "Bei unseren Fahrtechnik-Kursen sehen wir, dass fast die Hälfte aller Fahrer mit schlecht eingestellten Spiegeln unterwegs sind", sagte Schmerold.

Viele Lkw verfügen bereits über Spurwechselunterstützung bzw. Assistenzsysteme für den Toten Winkel, diese können auch nachgerüstet werden. Ab 1. Jänner 2022 sind Abbiegeassistenten nach einer EU-Richtlinie in Neuwagen zwingend vorgesehen, sagte Gerhard Blümel, Leiter der Berufsfahrerakademie des ÖAMTC. "Was ich im Spiegel nicht sehe, kann ich mit der Kamera erkennen", erklärte der Experte. Dazu gibt es auch einen Radarsensor, der Fahrer vor drohenden Kollisionen beim Spurwechsel akustisch warnt. "Dieses System wird in Zukunft noch viele Menschenleben retten", sagte Schmerold.

"Assistensysteme entbinden aber keinen Fahrer von der Verantwortung", betonte Blümel. "Am besten ist natürlich, wenn diese erst gar nicht eingreifen müssen." Alle Lenker der Autobus- und Transportbranche müssen alle fünf Jahre eine gesetzliche Weiterbildung absolvieren. Dazu kommen interne Ausbildungsmaßnahmen. "Damit garantieren wir fachliches Know-how am letzten Stand", sagte Sertic.

Ab 1. Jänner 2019 startet auf drei Linzer Kreuzungen das Pilotprojekt Rechtsabbiegen bei Rot von Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Verboten bleibt dies nur für Lkw und Busse mit mehr als 7,5 Tonnen höchst zulässigem Gesamtgewicht, Kraftfahrzeuge unter dieser Grenze sind davon ausgenommen. Hier ist es dann besonders wichtig, Kinder zu sensibilisieren, "dass Fahrzeuge trotz grüner Ampel für Fußgänger abbiegen dürfen", betonte Blümel.