Ein Wiener Volleyballtrainer, der von 2000 bis Sommer 2016 sechs unmündige Mädchen missbraucht hat, ist am Mittwoch am Wiener Landesgericht zu einer viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der 61-Jährige war damit einverstanden. Der Staatsanwältin war die Strafe bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren zu gering. Sie meldete Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Wenn Sie nicht umfassend geständig gewesen wären, wäre die Strafe höher ausgefallen", betonte Richterin Sonja Höpler-Salat in der Urteilsbegründung. Dem Angeklagten wurde neben seiner Schuldeinsicht und seiner bisherigen Unbescholtenheit zugutegehalten, "dass Sie nicht bis zum Äußersten gegangen sind. Es ist zu keinem Geschlechtsverkehr gekommen, was wir hier leider immer wieder erleben". Dessen ungeachtet sei "klar, dass Sie diesen Mädchen übel mitgespielt haben. Man kann nur hoffen, dass sie diesen Rucksack nicht ewig mit sich herumtragen müssen", sagte Höpler-Salat.

Angeklagter entschuldigte sich

In seinem Schlusswort hatte sich der Angeklagte schuldeinsichtig gezeigt: "Ich möchte mich bei allen geschädigten Mädchen und Eltern entschuldigen. Und ich hoffe, dass sie mir das irgendwann verzeihen können." Sogleich fügte er hinzu, er habe im Gefängnis "leider sehr viel Schlechtes erlebt. Ich möchte nie wieder hierher".

Staatsanwältin Julia Kalmar war aus generalpräventiven Gründen für eine tat- und schuldangemessene Bestrafung eingetreten. Es bedürfe einer angemessenen Sanktion, "wo beinahe täglich Übergriffe in verschiedenen sportlichen Disziplinen ans Tageslicht kommen".

"Ihm darf die laufende #MeToo-Debatte nicht schaden", gab Verteidigerin Irene Pfeifer in ihrem Schlussvortrag zu bedenken. Bezogen auf die Trainertätigkeit ihres Mandanten meinte sie: "Er konnte dieser Versuchung leider nicht widerstehen. Diese Freude, diese Erfolge, dieses Zusammensein haben ihn dazu gebracht."

"Opfer gezielt ausgesucht"

Der Privatbeteiligtenvertreter Lian Kanzler - er schritt für drei Betroffene ein - betonte, der Angeklagte sei systematisch vorgegangen: "Er hat seine Opfer gezielt ausgesucht und zu ihnen eine emotionale Bindung aufgebaut. Er hat sie zu seinen Lieblingskindern gemacht und ihnen das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein." Kanzler machte deutlich, dass die Mädchen bzw. jungen Frauen noch Jahre nach dem Erlebten an den Übergriffen leiden und teilweise von Schlafstörungen und Albträumen geplagt werden. Der Jurist (Kanzlei Plaz) bekam vom Senat je 1.000 Euro pro Betroffener an symbolischer Schadensgutmachung zugesprochen. Mit den darüber hinaus gehenden Forderungen - Kanzler hatte für jede Betroffene 5.000 Euro verlangt - wurde er auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die missbrauchten Mädchen waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen worden bzw. wurden ihre zeugenschaftlichen Angaben nicht öffentlich erörtert. Einzelne Anklagepunkte wurden am Ende vom Gericht umqualifiziert bzw. fallen gelassen, weil die Beweislage nach dem Zweifelsgrundsatz nicht für einen Schuldspruch ausreichte.