Am Wiener Landesgericht für Strafsachen ist am Donnerstag der Prozess um die in der Nacht auf den 13. März 2017 in die Luft gejagte Pizzeria in Hollabrunn fortgesetzt worden. Bisher wird den Angeklagten in diesem Zusammenhang Brandstiftung vorgeworfen. Mit den heutigen Aussagen der zwei Tschetschenen, die das Feuer gelegt haben sollen, steht auch ein möglicher bedingter Tötungsvorsatz im Raum.

Die 28 bzw. 43 Jahre alten Männer hatten sich im Ermittlungsverfahren nicht geständig verantwortet bzw. die Aussage verweigert. Nun legten die von den Verteidigern Alexander Philipp und Wolfgang Blaschitz vertretenen Männer zur Brandstiftung umfassende Geständnisse ab. Sie belasteten dabei den Betreiber der Pizzeria, der in versicherungsbetrügerischer Absicht das Feuer in Auftrag gegeben haben soll, sowie dessen Neffen schwer.

Wie der 43-jährige Tschetschene dem Schöffensenat (Vorsitz: Claudia Bandion-Ortner) erklärte, traf er sich wenige Tage vor dem Brand über Vermittlung eines Friseurs mit den beiden Männern in deren Lokal. Diese hätten ihm zunächst ihr Leid geklagt ("Die Geschäfte laufen nicht so. Die Pizzeria fällt uns zur Last. Die Leute, die Anrainer sind mit uns nicht zufrieden. Die Polizei mag uns auch nicht"). Daher hätten sie bei ihm "einen kleinen Brand" bestellt. Er habe sich zunächst darauf nicht einlassen wollen, dann aber an seine Schulden gedacht ("Die haben mir Unruhe bereitet"). Diese hätte er mit den 1.500 Euro, die ihm der Pizzeria-Betreiber versprochen haben soll, großteils abdecken können, sagte der 43-Jährige.

Der Gastronom - ein 40 Jahre alter Mann mit türkischen Wurzeln und österreichischer Staatsbürgerschaft - und sein 33 Jahre alter Neffe hätten im weiteren Gesprächsverlauf zugesichert, sie würden "alles vorbereiten". Auf seine Frage, ob es keine andere Lösung gebe, sei ihm beschieden worden: "Wir würden das selber machen. Aber hier kennen uns alle."

Benzinflasche und Papiertücher

In Begleitung seines 28-Jährigen Landsmanns ließ sich der 43-Jährige nach Mitternacht von einem weiteren Tschetschenen nach Hollabrunn chauffieren. Mit einem Schlüssel, den ihm der Wirt überlassen haben soll, sperrte er das Lokal auf. Dort wären eine mit Benzin gefüllte 1,5 Liter-Flasche und Papiertücher bereit gelegen. Er hätte - wie von seinen Auftraggebern gewünscht - das Benzin vor allem auf die Dunstabzugshaube, die Schank und sonstiges Mobiliar gegossen.

Der Wirt und sein Verwandter - beide haben sich beim Prozessauftakt "nicht schuldig" bekannt - dürften den Angaben des 43-Jährigen zufolge das Lokal aber schon vorher "präpariert" haben. Schon beim Betreten habe es "komisch" nach Benzin bzw. Gas gerochen. Er hätte sogar Kopfweh bekommen, gab der Tschetschene zu Protokoll. Am Fußboden sei es nass, teilweise rutschig gewesen - möglicherweise war eine brennbare Flüssigkeit verschüttet worden. Außerdem hätten "die Türken" ihr Versprechen nicht gehalten: "Sie haben gesagt, dass sie alles rausnehmen werden, was gefährlich ist." Dass Gaskartuschen in der Pizzeria verblieben waren, hätte er nicht geahnt.

Nachdem die Plastikflasche mit dem Benzin leer war, verließen der 43-Jährige und sein jüngerer Komplize das Lokal. Dann schlug der 28-Jährige von außen mit einem mitgebrachten Hammer ein Fenster ein. Durch das Loch warfen die Tschetschenen brennende Papiertücher ins Innere. "Wir sind nicht gleich weggegangen. Wir wollten schauen, was passiert", berichtete der 43-Jährige.

Explosion statt Feuer

Statt des erwarteten überschaubaren Feuer kam es zu einer wuchtigen Explosion. Beide Tschetschenen wurden um die eigene Achse zurückgeschleudert. Der Jüngere erlitt schwere Verletzungen. Das Portal des Gebäudes wurde aus der Verankerung gerissen, davor geparkte Pkw wurden stark beschädigt. Sogar Fensterscheiben auf der gegenüber liegenden Straßenseite gingen zu Bruch.

Hausbewohner, die über der Pizzeria schliefen, kamen zum Glück nicht zu Schaden. "Es freut mich wirklich, dass außer uns niemand verletzt worden ist. Ich habe wirklich noch Albträume davon", bemerkte dazu der 43-Jährige. Mit der Detonation hätte er nicht gerechnet: "Wenn ich gewusst hätte, was da passiert, hätte ich das nicht gemacht". Und weiter: "Ich fühle mich, als wäre ich von den zwei Türken verarscht worden".

Neffe beschuldigt

Der Betreiber der Pizzeria - im Unterschied zu den Tschetschenen sitzt der 40-Jährige nicht in U-Haft - räumte ein, vom Brandanschlag auf sein Lokal gewusst zu haben. Der Plan dazu sei aber nicht von ihm, sondern seinem Neffen gekommen: "Ich konnte ihn nicht stoppen".

Der Gastwirt behauptete, sein 33 Jahre alter Verwandter wäre sein Geschäftspartner und daher mitspracheberechtigt gewesen: "Die Hälfte der Investitionen hat er getätigt gehabt." Weil die Pizzeria sehr schlecht ging, sei der Neffe auf die Idee gekommen, ein "kleines Feuer" legen zu lassen, um anschließend die Versicherungssumme kassieren zu können: "Wie er mir im Vorfeld darüber berichtet hat, war ich dagegen. Aber ich habe es nicht verhindern können." Er habe sich am Ende gesagt, "er soll tun, was er für richtig hält".

Der Neffe hätte über einen Friseur einen Tschetschenen gefunden, der alles in die Hand nahm: "Wir haben keine Vorbereitungshandlungen machen müssen. Wir haben uns nicht eingemischt." Der Tschetschene und seine Helfer hätten versichert, "dass sie professionell tätig werden. Wir sind davon ausgegangen, dass es ein kleiner Brand wird. An eine große Explosion hat niemand gedacht".

"Onkel lügt"

"Der Onkel lügt", meinte im Anschluss der 33-Jährige. Dieser hätte ihn am 8. März nach Hollabrunn bestellt und ihm erklärt, er habe "ein kleines Feuer" in Auftrag gegeben. "Warum ausgerechnet bei Tschetschenen?", fragte die Richterin. "Weil man hört, dass die alles machen", lautete die Antwort. Er hätte gar kein Motiv gehabt, sich auf einen Versicherungsbetrug einzulassen: "Ich hab' einen Bausparer gehabt." Zudem betreibt er gemeinsam mit seiner Frau ein Handy-Shop: "Uns geht es gut."

Auf die Frage, warum er mit seinem Wissen um den bevorstehenden Brandanschlag nicht zur Polizei gegangen sei, antwortete der Angeklagte, er habe seinen Onkel "nicht reinreiten" wollen. Dass das Lokal in die Luft flog, "war ein Schock für mich. Das war nicht mehr lustig.

Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt. Das Verfahren ist vorerst bis zum 19. April anberaumt.