Mutter und Tochter, die Jahr für Jahr zu zweit aufs Fest gehen, tanzend älter und größer werden, auch noch als die Tochter selbst zur Mutter wird. Dann der junge Mann mit den Zigarettenstummeln im Haar, der auf die Liebe gehofft hat, aber nur den Kater findet. Und das kleine Mädchen, die Tochter der Bühnenmitarbeiterin, die den großen Falco in den letzten Minuten vor seinem Auftritt bei Regen und Sturm Backstage zum Lächeln bringt.

Geschichten, die die Insel schreibt. Gemeint ist die Wiener Donauinsel, genauer das Donauinselfest. Dieses Jahr ist es 40 Jahre alt geworden. Zum Geburtstag hat die Wiener Autorin Julya Rabinowich Europas größtem Freiluft-Festival mit freiem Eintritt 40 kurze Erzählungen geschenkt. Auch ihre eigene, ganz persönliche: „Ich wollte immer hin, aber meine Großmutter hat es mir strengstens verboten.“ Erst als erwachsene Frau und Mutter ging sie das erste Mal alleine auf die Insel zwischen Alter und Neuer Donau, in der zu engen Revoluzzerinnen-Kapuzenjacke, zu einer Band, die sie nicht kannte. „Die komplette Selbstermächtigung“.

„Momente wie diese“ im Amalthea Verlag
„Momente wie diese“ im Amalthea Verlag © KK

Die restlichen 39 Einblicke im Buch haben ihr Freunde erzählt, die (ehemaligen) Festivalmitarbeiterinnen und -mitarbeiter geliefert, Besucherinnen und Besucher zugeschickt - manchmal sogar mit Foto. Rabinowich hat manches davon literarisch verändert, Stimmungen eingefangen und weitergesponnen. So läuft etwa ein erfundener, verloren gegangener Hund durch beinahe das ganze Buch.

Wiens Geschichte in einem Fest

Das Donauinselfest ist Teil der Wiener Stadtgeschichte, das wird beim Durchblättern der Seiten schnell klar. Gegründet vom damaligen Bezirksrat und heutigem Urgestein der Wiener SPÖ Harry Kopietz. Ob das vierstündige Udo Jürgens-Konzert oder der Blitzeinschlag bei Falcos Show, vieles hat Schlagzeilen gemacht. Weltstars wie zum Beispiel die Kelly Family oder zuletzt Rapper RAF Camora und Bonnie Tyler spielen neben Newcomern. Und das Publikum? Das strömt in Form von Alt und Jung aus allen Bundes- und Nachbarländern jedes Jahr Ende Juni auf die Insel. Insgesamt waren es von 1983 bis jetzt sage und schreibe 60 Millionen Besucherinnen und Besucher.

Julya Rabinowich
Julya Rabinowich © Michael Mazohl

„Alles hat nebeneinander Platz, das Donauinselfest ist für alle gedacht“, sagt Julya Rabinovich. Das wollte die „Inselverliebte“ vor allem in ihrem Buch mittransportieren. „Ich hoffe, dass die Menschen durch die kurzen Texte ihre eigenen Momente wieder erleben können aber auch neue Geschichten erfahren und mitfühlen.“ Stoff gab es jedenfalls genug. „Es wären locker 100 Geschichten drin gewesen.“