Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Die ganze Nacht waren wir mit dem Auto unterwegs. Als wir in Sarajevo ankommen, graut schon der Morgen. Ein paar Stunden später stehen Valentin Inzko und ich zwischen eingesunkenen osmanischen Grabsteinen auf der Wiese vor der Ali-Pascha-Moschee und geben Dževad Karahasan das letzte Geleit.
 
"Weißt Du, Sarajevo ist der einzige Ort auf der Welt, an dem ich meinen Tod ruhig annehmen könnte", hat er mir beim letzten Interview in Graz gesagt. Da war er schon schwer von der Krankheit gezeichnet. Als Lebender ein letztes Mal die von ihm literarisch verewigte Heimatstadt zu sehen, war ihm nicht mehr beschieden. Als Toter kehrt er nun in sie zurück, um seinem islamischen Glauben gemäß in ihr begraben zu werden.
 
Die Sonne sticht vom Himmel, als der schlichte Sarg aus Holz in die Höhe gehoben und über die Köpfe der Trauergemeinde hinweg weitergereicht wird. Er ist mit einem schwarzen Tuch bedeckt, das eine Sure aus dem Koran ziert. Obendrauf ein roter Fes, die traditionelle Kopfbedeckung der bosnischen Muslime.