Seit Jahrzehnten schwebt über dem österreichischen Kassensystem hartnäckig diese Diagnose: chronische Hypertrophie, dauerhaft überdimensionierte Struktur, ungesund für Effizienz und Kosten. Im Hochabgabenstaat Österreich werden beim Blick auf die Lohn- und Gehaltszettel die rund 18 Prozent Sozialversicherungsbeitrag für Arbeitnehmer und rund 22 Prozent für Arbeitgeber, noch ehe dann erst auch noch der Finanzminister mit der Steuer zulangt, als notorische Gewohnheit kaum hinterfragt oder oft gar nicht mehr wahrgenommen. Braucht dafür jedes Bundesland, jeder Berufsstand seine eigene Kasse?
Die mit dem Anspruch auf gesundes langes Leben einer alternden Gesellschaft einhergehenden höheren Kosten rufen schon viel zu lange nach einer adäquaten Antwort. Es ist hoch an der Zeit, dass die auf die längste Bank der Zweiten Republik geschobene Reform der Sozialversicherungen endlich umgesetzt wird. Die ÖVP-FPÖ-Koalition kommt einer Erwartungshaltung ihrer Wähler nach. Sebastian Kurz holt nach, was die ÖVP in etlichen Regierungen ungelöst vor sich herschob, einerseits in derselben Erstarrung der SPÖ, andererseits ihrer eigenen Funktionäre auf Sozialpartnerseite. Die Kassen sind, Stärke und Schwäche zugleich, selbstverwaltet von einem Gremienheer, demokratisch wie trägheitsgefährdet.