Können Straßen Sünde sein? Dieser Frage gehen (oder fahren) Hubert Patterer und Michael Jungwirth in der heutigen Zeitung nach. Die Absage von Straßenbauprojekten durch Umweltministerin Leonore Gewessler war ja für gelernte Österreicher ein historischer Moment. Erstmals wurde spürbar, dass die grünen Regierungsmitglieder tatsächlich eine grüne Agenda verfolgen. Sie tun das, wofür sie von ihren Wählern gewählt wurden. Ziemlich unerhört. Sowas darf nicht einreißen.

Ohnehin war nie vorgesehen, dass der Klimaschutz von der Sonntagsrede in die Realität wandert und plötzlich im wirklichen Alltag spürbar wird. Eher pflegen wir ja die fromme Erwartung, irgendwelche technischen Neuerungen würden schon dafür sorgen, dass wir weiterleben wie bisher – nur halt „CO2-neutral“. Immerwährende Neutralität zum Nulltarif bei Konsum und Lebensstil: Das wäre mehrheitsfähig.

Aber man soll dieses Thema (wie so viele) nicht vom Schreibtisch aus beurteilen. Die Pendler, die um sechs Uhr früh auf der Südosttangente oder südlich von Graz im Stau stehen, finden die Verweigerung zusätzlicher Autobahnspuren nur bedingt lustig. Dass mehr Straßen mehr Verkehr bringen, mag sein – aber weniger Straßen bedeuten deshalb nicht automatisch weniger Autos. Theoretisch wäre ja alles klar: Wir müssen unbedingt weg von der Dünnbesiedelung (vulgo: Zersiedelung) des gesamten Landes, die durch Gefälligkeitswidmungen und Billigverkehr täglich gefördert wird. Aber wer soll das wie regeln? Wem will man vorwerfen, dass er sich in der Gegenwart bequem eingerichtet hat?

Klima bleibt unser Masochismus-Thema. Wenn Politik diese Pandorabüchse öffnet, muss man fast schon froh sein. So oder so stehen uns mit hoher Sicherheit periodische bis chronische Klimaschutz-Schmerzen bevor.

Keinen grünen, sondern einen schneeweißen Samstag wünscht