Wenn Olaf Scholz, der Kanzler-Kandidat der SPD, nun als knapper Sieger dieser Bundestagswahl die Kanzlerschaft für sich einfordert, steht seine Argumentation eigentlich auf tönernen Füßen. Aus der eigenen Parteigeschichte heraus. Denn morgen, am 28. September, jährt sich eine westdeutsche Schicksalswahl. Diese Wahl zum Bundestag 1969 endete zwar mit einer deutlichen Stimmenmehrheit für die Union aus CDU und CSU, aber die zweitstärkste Partei, die SPD, einigte sich mit der FDP auf eine Koalitionsregierung unter dem neuen Bundeskanzler Willy Brandt. Die Union ging in Opposition, wo sie auch bis 1. Oktober 1982 blieb, und erst durch ein erfolgreiches konstruktives Misstrauensvotum im Bundestag Helmut Schmidt als Kanzler und Chef einer SPD/FDP-Regierung stürzte, und mit der FDP unter Kanzler Helmut Kohl eine neue Regierung bildete.