Treffender hätte er nicht sein können, der Titel, den die Austria Presseagentur zum Auftakt der gestrigen ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause wählte: Neues Parlamentsjahr, altes Thema. Es hätte auch heißen können: Neues Parlamentsjahr, altes Hickhack mit bekannten Holzspänen, die da zum Thema Asyl und zu Maßnahmen gegen Corona  in der „Aktuellen Stunde“ durch die Luft flogen.  FP-Parteiobmann Herbert Kickl schaffte es wenig überraschend mit diversen Anwürfen gegen den Innenminister problemlos, klar zu zeigen, was die neue Wortkreation  „kickeln“ bedeutet. Wer „kickelt“, der attackiert in einem Maß, dass der Attackierte anschließend dem anderen das Du-Wort entzieht. Was der Innenminister gestern in der Aktuellen Stunde auch in aller Öffentlichkeit gemacht hat. „Ich entziehe Ihnen das Du-Wort“, hat er vom Rednerpult aus dem freiheitlichen Klubobmann zugerufen, nachdem dieser der Regierung in der Corona-Politik  katastrophales Versagen vorgeworfen hatte und dem Innenminister erklärte, in der Asylfrage statt kapiert, kapituliert zu haben. Und da heuer 30.000 Illegale in Österreich erwartet würden, müssten sich, warnte Kickl, Frauen noch mehr vor Vergewaltigungen und Mord fürchten.

Abseits dieses Hickhacks, das Sie in unserer heutigen Ausgabe nachlesen können, gibt es auch einen kleinen Lichtblick demokratischer Zusammenarbeit. Alle vier Klubobleute von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos traten gemeinsam vor die Kameras, um über Parteigrenzen hinweg für die Covid-Impfung zu werben. Motto: In der Farbe getrennt, aber in der Sache geeint. Wäre schön, wenn öfters wesentliche Themen politisch außer Streit gestellt würden – oder zumindest fast außer Streit. Denn natürlich hat auch bei diesem gemeinsamen Aufruf einer von außen hineingekickelt und von einem „unverantwortlichen Experiment“ gesprochen. Ob dies eine unverantwortliche Kickelei ist? Mag sein, aber solche Auseinandersetzungen muss eine Demokratie aushalten. Und immerhin hat auch der deutsche SPD- Kanzlerkandidat Olaf Scholz erst kürzlich gemeint, im Grunde seien alle 50 Millionen Geimpfte in Deutschland Versuchskaninchen gewesen, während die anderen abgewartet hätten. Er selbst ist also auch Versuchskaninchen gewesen. Aber es sei gut gegangen und deshalb sollten sich nun alle impfen lassen. Wetten, dass dieser verunglückte Appell des möglicherweise neuen deutschen Kanzlers noch oft gekickelt wird? 

Schade, dass Kapazitäten wie der Vakzinologe Florian Krammer, ein gebürtiger Steirer, den der Bundespräsident gestern in New York getroffen hat, nicht öfter anstelle von Politikern im Rampenlicht stehen. Oder in Beraterstäbe geholt werden. „Krammer weiß mehr als wir alle zusammen“, hat die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer kürzlich bedauert, dass Krammer nicht längst in ein Beratergremium gerufen wurde. Aber immerhin hat ihn gestern der Bundespräsident besucht. Über dieses Zusammentreffen an seinem Arbeitsplatz in New York berichtet in unserer heutigen Ausgabe Kollegin Christina Taar.

Einen schönen hickhack-freien Donnerstag wünscht Ihnen