Guten Morgen!

Eustacchio ist ein schöner Name, erst recht mit dem romanischen Mario vorangesetzt. Mario Eustacchio. Vermutlich waren die Vorfahren des freiheitlichen Stadtparteichefs vor langer Zeit aus Italien nach Graz gezogen, um sich hier, im Halbsüdlichen, niederzulassen. Der Vizebürgermeister möge sich mit Dankbarkeit daran erinnern, und wie glücklich er sich fühlen dürfe, in einer Stadt zu leben, die seine Sippe einst mit so viel zugewandter Offenheit aufgenommen haben muss. Er möge dessen immer eingedenk sein, wenn er Politik mache. Das rief der Opernball-Kommentator Christoph Wagner-Trenkwitz Ende Jänner im Frack hinauf in die Loge des Kommunalpolitikers, als er diesen bei der Eröffnung der heurigen Grazer Opernredoute als Moderator willkommen hieß. Trenkwitz sagte es mit mildem Augenzwinkern, aber ohne den Ehrengast vorzuführen.

Als pädagogisch besonders nachhaltig hat sich der Aufruf leider nicht erwiesen. Der Vizebürgermeister griff gestern in die Diskussion über die Identitären ein und durchkreuzte öffentlich die Parteilinie aus Wien. Er, Eustacchio, sehe nicht ein, warum er sich von der Obskurantentruppe, die der Verfassungsschutz der Republik als rechtsextrem einstuft, distanzieren solle.

Zur selben Zeit erhielt in der Wiener Redaktion Kollege Thomas Götzein Dokument zugespielt, das ein bissl was über die Beheimatung des Identitären-Chefs Martin Sellner erzählt. Als knapp 18-Jähriger war er gerichtlich zu 100 Stunden Hilfsarbeit in einem jüdischen Friedhof verdonnert worden, nachdem er Hakenkreuz-Plakate mit dem Appell, das Symbol doch wieder Gesetz werden zu lassen, auf einer Synagoge angebracht hatte.

Alle werden jetzt sehr entsetzt sein. Über Sellner und über den Vizebürgermeister mit dem schönen romanischen Namen.

Also, ich bin nicht entsetzt. Ich bin beiden dankbar. Vor allem dem Grazer Stadtparteiobmann mit dem bürgerlichen Background. „Ich sehe nicht ein, warum ich mich distanzieren sollte“. Genau. Und über das Wovon weiß man jetzt auch besser bescheid, jetzt, da die listigen sprachlichen Ausweich-Codes der Burschen nicht mehr den Blick verstellen.

Das bedrückend Ehrliche hat was. Man kennt sich aus.

Einen unverschleierten Freitag wünscht

Hubert Patterer