Ein arbeitsintensiver Nachmittag wartete auf die 16 Mitglieder des Leserbeirats der Kleinen Zeitung, die sich am Freitag das letzte Mal in dieser Form im Styria Media Center in Graz trafen. Für Abschiedstränen und Wehmut blieb keine Zeit: Der neue Online-Auftritt der Kleinen Zeitung, der im kommenden Jahr ansteht, musste begutachtet und bewertet werden.

„Die E-Paper-Ankündigung muss weiter nach oben, das aktuelle Wetter ist viel zu groß: Da kann doch jeder User selbst aus dem Fenster schauen!“, sparten die Beiräte nicht mit Kritik. „Insgesamt wirkt der neue Auftritt aber elegant und aufgeräumt“, fiel die Bewertung positiv aus.

„Wir sind sehr dankbar für euer Feedback und werden es in die abschließende Gestaltung einfließen lassen“, betonten Tanja Hawryliw und Christian Schober, die das Projekt vorstellten.

Kampf ums Überleben

„Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob es in Zukunft noch unabhängige Qualitätszeitungen wie die unsere geben wird“, eröffnete Hubert Patterer eine lebhafte Diskussion. „Mit bisher 29.000 Digitalabos sind wir in Österreich in diesem Bereich führend“, informierte der Chefredakteur die Leserbeiräte. „Was wir in Print verlieren, müssen wir digital ausgleichen“, führte Patterer weiter aus.

Der Leserbeirat bei der Veranstaltung im Styria Media Center
Der Leserbeirat bei der Veranstaltung im Styria Media Center © Großschädl

„Wir wollen uns aber nicht verschenken!“, betonte der Chefredakteur. Die kostenintensive regionale Berichterstattung mache unter anderem die wertvolle DNA der Kleinen Zeitung aus. Diese müsse sich auch im digitalen Auftritt widerspiegeln. Man dürfe nicht nur „nach Klicks und Visits gieren“, das wäre nämlich eine „tückische Währung“.

„Im immer schneller werdenden Online-Geschäft gilt es, die Balance zwischen steigenden Zugriffszahlen und hoher Qualität zu halten“, fügte Medienmanager Bernd Olbrich an.

Fragen an die Redakteure

In einer Fragerunde an die einzelnen Ressorts gaben Claudia Gigler (Politik), Markus Zottler (Wirtschaft), Robert Breitler (Regional), Michael Schuen (Sport) und Ute Baumhackl (Kultur) Einblick in den Tagesablauf der Redaktion.

So erfuhren die Mitglieder des Leserbeirats zum Beispiel aus erster Hand, unter welchem Druck die Politikredaktion am Tag des Rücktritts von SPÖ-Chef Kern gestanden ist. Und wie aus der anfänglichen Halbwahrheit „Kern tritt zurück“ die vollständige Information „Er will als EU-Spitzenkandidat der SPÖ antreten“ geworden ist.

„Euren Opern-Kritiken kann ich nicht immer zustimmen“, kritisierte Leserbeirat Gottfried Gerngroß. „Es geht nicht darum, dass alle Leser dasselbe super finden, was wir super finden. Wir teilen in einer Kritik unsere Meinung mit und wollen Leserinnen und Leser dazu anregen, sich ihre eigene Meinung zu bilden“, erklärte die Leiterin des Kulturressorts, Ute Baumhackl.

Ein Jahr Leserbeirat

In einer abschließenden Bilanz berichteten die Leserbeiräte über ihre Erfahrungen im vergangenen Jahr in ihrer Funktion und sparten dabei nicht mit Lob. „Die Diskussionen mit den Geschäftsführern und Chefredakteuren fand ich irrsinnig interessant. Als Normalleser würde man nie glauben, wie gewissenhaft sich die Redaktionsmitglieder mit Berichten auseinandersetzen, wie oft etwas verworfen wird, bevor es druckreif ist“, erklärte Werner Grüner.

„Positiv überrascht hat mich die Anwesenheit der Chefetage bei den einzelnen Treffen. Es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn es nur eine einmalige Begrüßung beim ersten Treffen gegeben hätte!“, bemerkte Josef Graßmugg.

„Es war mir eine große Ehre, mitzuwirken, die Ressorts und Redakteure kennenzulernen. Die Zusammenkünfte liefen wesentlich großartiger ab als erwartet, ich fühlte mich ernst genommen von den Chefredakteuren, das war wirklich sensationell“, lobte Caroline Rodlauer und fügte an: „Seit meiner Zeit im Leserforum lese ich anders Zeitung. Viel intensiver. Insbesondere das zeitliche Widmen des täglichen Lesens hat nun mehr Stellenwert, ich habe regelrecht ein schlechtes Gewissen, wenn ich Teile überfliege oder gar beiseitelege, da mir vermehrt bewusst wurde, wie viel redaktionelle Arbeit, wie viel Aktualität, wie viel Qualitätskontrolle dahintersteckt – und schließlich auch, wie aufwendig sich der Druck-Prozess und das Ausliefern tagtäglich gestalten!“