Das Einfamilienhaus: Liebkind der Österreicher, tradierter Lebenstraum von Generationen. Dass das Festhalten an diesem Wohnmodell auch mit der Mentalität im Land zusammenhängt, ist eine naheligende Vermutung: Ein Refugium für sich und seine Familie zu haben, aus dem man die Welt – heimelige, wackelige Illusion! – "aussperren" kann. Sehnsucht nach subjektiver Freiheit. Und:
keine Lust auf teure Miete.

Der Hunger aufs Eigenheim ist, wie die Zahlen zeigen, ungebrochen, obgleich dieser Traum Sprünge bekam, ja schief angeschaut wird: Reden wir von Klimaschutz. Von 20 Prozent Eigenkapital, die bei Wohnkrediten Pflicht wurden. Von Problemen in der Baubranche und ihren Zulieferern. Von all den Unwägbarkeiten der Zukunft, für die uns Pandemie und Krieg eindringliche Beispiele geben.

Überholte Architektur und verfehlte Stadt- bzw. Ortsplanung der Vergangenheit werfen lange Schatten – auch im Segment Einfamilienhaus. Faktum ist: Österreich ist "Europameister" im Versiegeln von Natur: 11,5 Hektar oder 16 Fußballfelder werden für den Bau von Gebäuden, Straßen oder Parkplätzen hergenommen. Tagtäglich. Als gäbe es kein Morgen und keine nachfolgenden Generationen, denen vor allem in den Städten, aber auch immer stärker im Umland das Grün zum Leben genommen wird. Geschätzt acht Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen gehen auf die für den Beton nötige Zement-Produktion.

Entsiegelung, eine von Experten geforderte Gegenmaßnahme, die Rückführung zur Natur also, ist schöne Illusion: Es wird munter weiter betoniert. Ungeachtet aller Flutkatastrophen und Hitzewellen. In Österreich sind 2400 Quadratkilometer der Landesfläche durch Asphalt und Bauflächen versiegelt und nehmen somit keinen Starkregen mehr auf – ein Gebiet fast so groß wie Vorarlberg. Ohne Klimaschutz sind künftig 60 bis 80 Hitzetage pro Jahr möglich, warnt die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: gerade im urbanen Raum eine lebensfeindliche Aussicht.

Klar ist, dass Einfamilienhäuser, die heute entstehen, energieeffizient bis energieautark sein müssen. Dafür braucht es Spielraum, auch in den Bauvorgaben. Gibt es bereits mit dem Umweltschutz einen elementaren Grund, klimafit zu bauen, ist die vorherrschende globale Unsicherheit ein weiterer: Wie schnell werden wir eine Energiewende einleiten können und wollen? Wie soll sich mit den verfügbaren fossilen Ressourcen alles noch ausgehen? Was unternehmen wir gegen täglich schwindende Biodiversität?

Dass Klimaökonomen "Netto-Baustopp" verlangen und lieber bestehende Objekte thermisch saniert und nachgerüstet als neue Einfamilienhäuser in Serie hochgezogen sehen wollen, ist eine Stimme der Vernunft. Im Eigenheim zu leben, ist psychologisch und gesellschaftlich motiviert – die einhergehende Ökobilanz wird man aber nicht mehr ausblenden können. Dass sich nicht mehr ad infinitum alles für alle ausgehen kann: eine kaum vermittelbare Botschaft.