Er war der Held meiner Kindheit. Ein Magier, der alle Tricks beherrschte. Karten verschwinden ließ, Märchen erzählte, Rätsel löste und sogar den Weg zur Schatzinsel fand. Er kannte die Namen der Sterne und schoss ihnen zum Jahresende die schönsten Raketen entgegen. Sein Ping-Pong-Slice war gefürchtet, die Konstanz im Ballsport beinahe zermürbend. Einzig beim Schach, das den Turnierspieler jahrzehntelang fesselte, gab er einmal w.o.: die Enkelin erwies sich leider als Regel-resistent. Friedlich stimmten wir überein, beim Königsspiel bloß noch mit den Bauern zu ziehen.

Dem jüngsten Nachkommen einen Wunsch abzuschlagen, fiel Großvater mitunter schwer. Selbst seine Schätze, drei semi-professionelle Fotoapparate, durften auf Bruchsicherheit getestet werden. Am Ende des Tages blieben die besten Schnappschüsse dem Eigentümer vorbehalten, das Familienarchiv spricht noch Bände davon.

Was die Fotos aber verschweigen: meine Pubertät, in der mich Opa aus der Linse verlor. Plötzlich Prinzessin, erschienen mir seine Papierflieger kindisch, die Witze zu blöd, alle Abenteuer ausgeträumt. Ich wollte meine Ruhe und die Interessen nicht mehr teilen. Auf den Monte Lussari fahren, um die Heimat der Ahnen zu erforschen? Nicht mit dreizehn und schon gar nicht mit mir. Während ich für Bon Jovi schwärmte, vergrub sich der Großvater in Kreuzworträtseln, bastelte nur noch Nützliches und stieg irgendwann zum Passivsportler ab.

Vor dem Fernsehkastl fanden wir uns wieder, bei einem Skirennen, kurz bevor er ins Krankenhaus kam. Ihm war bang vor der Operation, das konnte man spüren. Als der letzte Österreicher im Ziel und aller Jubel verklungen war, stand Opa auf und griff in den Fotoschrank. „Die kannst du haben“ flüsterte er und hielt mir seine neueste und teuerste Kamera entgegen, gerade so, dass ich mein Entsetzen dahinter verbergen konnte. Geduldig und Schritt für Schritt ging er alle Einstellungen durch, betonte die Vorzüge, verwies auf die Fallen. Es blieb das letzte Mal, dass wir uns sahen. Wie ich Kamera und Leben ohne ihn meistern sollte, hatte er nicht erklärt. . .  

„Es ist wichtig, dass sich Großeltern und Enkelkinder treffen“, befand Papst Franziskus, als er den heutigen Sonntag zum ersten Welttag der Großeltern erklärte. Man müsse miteinander träumen, aus dem Gespräch der Generationen Kraft gewinnen. Denn Großeltern sind so nah, dass man alles erfragen und vieles versuchen darf. Sie lieben mit Leichtigkeit, sind Spaßbereiter, Verwöhner, Welterklärer, Tröster und Ermöglicher. Wenn sie sich als unsichtbare Klammer um die Familie legen, wird klar, wohin man gehört – und das allein ist schon großartig.   

Allen Omas und Opas daher und von Herzen: einen schönen Großelterntag