Jetzt sitzen sie wieder im Studio, die Gäste der ORF-Nachrichtensendungen, nicht mehr im aerosolgedämmten Nebenraum. Der erste leibhaftige Besucher des Newsrooms seit Monaten war Walter Geyer, der ehemalige Chef der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Geyer ist einer der prominenten Proponenten eines Volksbegehrens für Antikorruption und Rechtsstaatlichkeit, das gestern vorgestellt worden ist.

Ob denn das neu sei, was da in den letzten Monaten ans Licht getreten sei, fragt Armin Wolf und erinnert an die Bedeutung von Parteibüchern in früheren Jahren. Geyer reagiert wie von der Tarantel gestochen. „Besorgniserregend“ sei die Frage. Etwas, das offenkundig falsch oder gar rechtswidrig sei, könne man doch nicht  dadurch rechtfertigen, es sei schon immer so gewesen. Die Frage, vermutet Geyer, wolle „einen schlechten Zustand perpetuieren“.

Wolfs Frage war listig gestellt. Eigentlich hat er nur einen Einwand wiedergegeben, den die ÖVP gern ins Treffen führt, um lästige Vorwürfe zu relativieren. Früher, sagt Geyer, hätte man es „ein bisserl patschert“ gemacht, heute sei alles viel professioneller inszeniert, strategischer angelegt. Auch wenn man an der Professionalität der Inszenierung zuletzt Zweifel hegen konnte, verfängt das Kernargument Geyers. Dass andere schon zuvor etwas Unanständiges, gar Verbotenes getan hätten, rechtfertige ja noch nicht heutiges Fehlverhalten.

Mit einem knappen Argument wischt Geyer dann eine Forderung von Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und der Präsidentin der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Cornelia Koller vom Tisch. Untersuchungsausschüsse sollten erst dann beginnen, wenn die Gerichtsverfahren abgeschlossen seien, hatten beide verlangt, um Interferenzen zu vermeiden. „Ein U-Ausschuss, der erst sechs, sieben Jahre nach den Vorgängen beginnt, „den kann man vermutlich vergessen“. Der Einwand ist kaum zu entkräften. Also werden wir auch weiterhin Aussageverweigerungen am laufenden Band und offene Feldschlachten um die Lieferung von Akten erleben, fürchtet