Als Bürger würde man gerne wissen, wenn einen die Justiz als Beschuldigten führt. Darauf hat man ein Anrecht, auch als Minister. In der Strafprozessordnung ist diese Informationspflicht festgeschrieben. Man sei „zeitnah“ zu informieren. Bei Gernot Blümel geschah dies nicht. Erfahren hat er es erst, als nach außen drang, dass es das Verfahren gegen ihn gibt. Auch, dass seit Wochen eine gerichtlich erwirkte Hausdurchsuchung vorliegt. Das alles ist kafkaesk: behördlich in eine Schuldhaftigkeit verstrickt zu sein, ohne zu wissen, was einem zur Last gelegt wird. Das geht auch dann nicht, wenn dieser Bürger die eigene Auskunftspflicht, im konkreten Fall gegenüber dem Untersuchungsausschuss, unwürdig interpretiert hat.

Seit dieser Woche ist der Minister nicht mehr Josef K. aus Kafkas „Prozess“. Er weiß jetzt Bescheid. Er weiß auch, ob er mehr weiß als das Zutagegeförderte. Wenn ja, sollte er die Konsequenzen ziehen, damit die Regierung zur Krise zurückkehren kann. Wenn nein, gilt die vermutete Unschuld. Auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft weiß, ob die Kurznachrichten das ganze Substrat sind oder ob sie mehr weiß. Wenn es nicht nur Puzzlestücke sind, sondern diese sich zu einem dichten, nicht nur imaginierten Bild fügen, möge die Anklagebehörde das klarstellen, zum Schutz der Strafbehörde.

Sie bewies zuletzt nicht immer eine sichere Hand. Das mag einer doppelten Front geschuldet sein, zum einen der Kanzlerpartei gegenüber und zum anderen den Instanzen im Haus, deren Wirken man als politische Gängelung empfindet. Beide, Politik und Strafbehörde, fühlen sich vom jeweils anderen verfolgt. Das führt zu Verhärtungen und erschwert die Unbefangenheit. Weder dürfen die Korruptionsjäger dem Druck nachgeben, noch dürfen sie den Anschein einer oppositionellen Gruppendynamik erwecken. Eine Hausdurchsuchung, die sich nur auf die beiden SMS-Fragmente stützt, würde Fragen nach der Verhältnismäßigkeit aufwerfen. Dann richtete sich der Verdacht nicht nur gegen den Gejagten, sondern auch gegen die Jäger und ihre Motivlage. Zum Schaden aller.

Was beurteilbar ist, spannt noch nicht die Kulisse eines Bestechungsskandals auf, wohl aber ein Sittenbild im Graubereich zwischen Wirtschaft und Politik. Es gibt keinen Hinweis auf korruptes Verhalten, aber es wird jene Aura falscher Nähe ruchbar, in der das Korrupte erst gedeiht. Es ist dieses filzige Smiley-Du, diese Selbstverständlichkeit, mit der erbetene politische Hilfe und die Aussicht auf finanzielle Gegenhilfe zu einem Klick verschmelzen.

Unabhängig davon, ob illegal Gelder flossen, direkt oder über die Bande, fragt man sich, warum etablierte Parteien, die 200 Millionen Euro an Förderungen zur Ermöglichung von Demokratie im Jahr erhalten, überhaupt private Spenden nehmen dürfen, die das Spiel der Kräfte verzerren und die Käuflichkeit von Politik begünstigen. Und wenn sie es dürfen, warum der Rechnungshof in die Parteikassen nicht hineinleuchten darf, wenn dort Geld der Steuerzahler liegt. Diese Hausdurchsuchung ist überfällig.