­Geschätzte Leserin, geschätzter Leser!

Ruhig, bedächtigen Wortes, trocken analysierend, hart am Punkt. Auch dort wo er Bundeskanzler Sebastian Kurz kritisiert, dieser habe mit unkoordiniert verkündeter Quarantäne für Ischgl Panik und Chaos bei der Flucht tausender Urlauber aus dem Paznauntal ausgelöst. Man wünscht sich, der ehemalige OGH-Präsident Ronald Rohrer hätte im März 2020 den Krisenstab geführt, als Corona in Ischgl ausbrach und außer Kontrolle geriet. Unaufgeregt und präzise seziert der Vorsitzende der Ischgl-Untersuchungskommission die Fehlerlawine, die der Bericht auf 287 Seiten ausgräbt. Das Vertun und Unterlassen taumelt durch alle Etagen der Verwaltung.  Es beginnt mit der Bundesregierung, die keinen Pandemieplan hatte (obwohl seit Jahren gewarnt, wie Politik-Redakteur Georg Renner im Leitartikel über die „Schlafwandler von Ischgl“ festhält). Das Unvermögen setzt sich fort über die Tiroler Landesregierung, die die Coronalage ebenso fehleinschätzte wie die Bezirkshauptmannschaft Landeck. Deren viel zu späte Verordnung zum Stopp von Partys und Seilbahnen hing der Bürgermeister auch noch erst zwei Tage später aus.

Nur Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg bleibt im Bericht operativ unbelastet. Weil er die Verantwortung für das Epidemiegesetz dem Landesamtsdirektor übertrug, hat er keinen Fehler machen können. Dieser Treppenwitz wäre zum Brüllen komisch, worüber jedoch 11.000 auf Ischgl zurückgeführte Corona-Infizierte und die Angehörigen von 30 Todesopfern kaum lachen können. Unvorstellbar, dass ein Wirklichkeitsverweigerer wie Tilg („Die Tiroler Behörden haben alles richtig gemacht“) bleibt. Unzumutbar, wenn Landeshauptmann Günther Platter einen Landesrat, der sich im größten Gesundheitskrisenfall selbst aus der Verantwortung absondert, hält. Schlimm genug, dass Platter selbst Tilgs Flucht aus der Verantwortung guthieß.  Diese politische Verantwortungsabsonderung nun aus Bunkermentalität vor der globalen Klagewelle nicht einzugestehen und keine Konsequenzen zu ziehen, wäre beschämend.

Ein Druck auf Politiker und Behörden von der Tiroler Seilbahn- und Tourismuswirtschaft sei der Kommission nicht berichtet worden.  Heißt das aber auch, dass es diesen nicht gab und gibt? Die Zweifel kumulieren in der Person des Bürgermeisters von Ischgl. Nun geht der Sachverhalt zur Staatsanwaltschaft. Zufällig ist die Gemeinde Großaktionär der Seilbahngesellschaft. Man kann sich das Frösteln bei Seilbahnbetreibern und Hoteliers vor dem Skiwinter vorstellen. Ischgl-Bericht, Reisewarnungen für Vorarlberg und Tirol, dazu ein akuter Cluster in Salzburg. Die Winter-Großindustrie Westösterreichs braucht jetzt herzeigbare Sicherheit. Daher ist glaubwürdig, was aus dem Innersten des Bildungsministeriums beklagt wird: dass der Westen mit seiner Tourismuslobby Druck ausübe, die Oktober-Ferienwoche auf einen zweiwöchigen Schul-Lockdown zu verlängern.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober schließt einen zweiten Lockdown aus und setzt auf verschärfte regionale Maßnahmen. Würden diese erneut die Schulen erfassen, würde man genau die geringsten Risikoüberträger treffen, aber dafür die psychologisch sensibelste Gruppe. Kinder seien bei Covid-19 keine Virusschleudern, betonten am Montag Experten der Österreichischen Gesellschaft für Pneoumologie auf ihrem Jahreskongress. Eine Schulinfektionsrate von 0,5 Prozent dokumentiere eine sehr, sehr geringe Übertragung. Auf Kosten der Bildung ein Sicherheitsbild kitten zu wollen, das an Skibars und bei Privatpartys gröhlend zerstört wurde, wäre vorsätzlich jugendgefährdend.

Ein Wort noch zu den Wirtschaftsnobelpreisträgern Paul Milgrom und Robert Wilson. Die Auktionsmodelle der beiden Stanford-Professoren sind nicht nur Vorbild für die Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen, sondern auch für den Auktionshandel von Emmissionberechtigungen zur Senkung des CO2-Ausstoßes. In dem „Cap & Trade“-Verfahren, an dem sich 191 Staaten, die sich zum Kioto-Protokoll bekennen (Ausnahme USA mit 35 Prozent aller Emissionen weltweit), gehört Österreich leider nicht zu den „Guten“ mit weniger Emissionen als Berechtigungen. Wegen nicht erreichter Klimaziele drohen Österreich bis 2030 bis zu 6,6 Milliarden Euro  an  Ausgaben für notwendige Emmissionszertifikate.

Wir von der Kleinen Zeitung schätzen für unsere Kunden und Leser vor allem jene Theorie von Milgrom und Wilson, wonach Auktionen differenziert auch so gestaltet werden können, dass sie Verkäufern und Käufern gleichermaßen optimierten Nutzen bringt. Genau diesem Prinzip folgt die beliebte Online Auktion der Kleinen Zeitung. Bei unserer 33. Auflage im September 2020 wurden  29.965 Gebote für am Ende 7557 versteigerte Artikel abgegeben. Das teuerste Produkt mit dem höchsten Erlös war diesmal ein Skoda Fabia der verdeckt ab Euro 1,- den Zuschlag bei über 11.000 Euro  bekam. Unsere Leser ersparten sich diesmal rund 1,1 Millionen Euro im Vergleich zum Kauf direkt bei den Händlern, die dafür zugleich  einen beträchtlichen Werbewert erzielten. Wenn das keinen Nobelpreis wert ist?!

Einen erfolgreichen Tag wünscht Ihnen
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Adolf Winkler