Die Spannung steigt. Spannung? Bei vielen eher die Angst als die Spannung. In voraussichtlich zwei Wochen werden Österreichs Verfassungsrichter eine neue Grenzlinie ziehen. Oder eine alte belassen. Letzteres würde bedeuten, dass Beihilfe zum Suizid oder Tötung auf Verlangen strafbar bleibt. „Wie Sie gegen die aktive Sterbehilfe geschrieben haben, zeigt, wie sehr Sie sich nicht den Menschen, sondern der Kirche verbunden fühlen“, reagierte ein Leser auf die letzte Kolumne. Menschen in hundert Jahren, glaubt er, werden entsetzt sein über das aktuelle Verbot der Sterbehilfe. Es sollte jedem Menschen freistehen, wie und wann er sterben möchte, und sich bei Dritten Hilfe dafür zu holen. Ein anderer Leser fordert auf, „zu akzeptieren, dass nicht jeder an Gott glaubt“. Ob die Gesellschaft für Psychiatrie, ob Ärzte oder andere, die die geschäftsmäßige Sterbehilfe ablehnen, in Todesspritzen eine Versündigung gegen Gott sehen? Diese Ablehnung hat nichts mit Gott zu tun, sie hat mit der Erfahrung zu tun, dass viele in verzweifelten Situationen andere Hilfe benötigen als Todesspritzen und die Antwort auf fehlende palliative Versorgung für ein schmerzfreies Sterben nicht Todesspritzen, sondern eine verstärkte Palliativmedizin sein sollte. Ob kein Unterschied mehr besteht zwischen Todesspritze und Sedierung, die den Sterbeprozess auch massiv beschleunigen kann? Als ob nicht Welten dazwischenliegen würden. Wie schnell kann die Freiheit, sich töten zu lassen, zur sozialen Pflicht pervertieren.