"Die Freiheit, Sancho, ist eine der köstlichsten Gaben, die der Himmel dem Menschen verliehen; mit ihr können sich nicht die Schätze vergleichen, welche die Erde in sich schließt noch die das Meer bedeckt." So spricht Don Quijote den Spaniern zum Tag aus der Seele. Denn erstmals nach fast 100 Tagen dürfen sich die Spanier wieder im Land über ihre Provinzgrenzen hinweg frei bewegen. Zeitgleich mit der Aufhebung des wegen Corona ausgerufenen nationalen Notstandes durch die spanische Regierung hat Österreich die Quarantänepflicht für Spanienreisende ausgehoben.

Das Land, seit Jahren politisch verkeilt am Rande der Handlungsfähigkeit , war auch zum Corona-Peak tief gespalten. Nicht nur wegen der rigiden Ausgangssperren, sondern auch wegen weit auseinanderklaffender Opferangaben. Die Opposition wirft  Regierungschef  Pedro Sanchez vor, dass neben den offiziell rund 28.000 Todesopfern mit Covid19-Infektion 16.000 weitere Opfer verschwiegen würden. Die Tourismusbranche, mit über 50 Millionen Gästen im Normaljahr eine Säule der spanischen Wirtschaft, liegt schwer getroffen darnieder, die Regierung plant eine akute Restarthilfe von über fünf Milliarden Euro. Auf dem Recovery-Programm der EU soll Spanien 140 Milliarden Euro erhalten, die zweithöchste Summe nach Italien (173 Milliarden Euro). Was die spanische Regierung damit machen möchte, ist bis auf diffuse Andeutungen Sanchez´ über nachhaltige Energiegewinnung und Digitalisierung völlig unklar.

Noch ist die Einladung „vamos a la playa“ mit Vorsicht zu genießen, wenngleich der Kampf um die Plätze am gesetzlich frei zugänglichen Strand schon begonnen hat. In Cadiz, der Stadt mit dem längsten Stadtstrand Europas, hat ein Hotel 200 der abstandvermessenen Plätze einer Bucht als fix reserviert für seine Gäste reklamiert. Man könne nicht Gäste ins Land bitten ohne garantierten Liegeplatz. Die Diskussion darüber kann man sich vorstellen, würde ein Klagenfurter Hotel dies im Strandbad am Wörthersee verlangen.

Zu tatsächlichen Diskussionen hat indes diese Woche eine tief in die Kärntner Seele gehende Corona-Maßnahme geführt. Die Landesregierung hat das geplante „Fest der Täler“ abgesagt. Mit einem großen Umzug von Chören und Trachtengruppen aus dem ganzen Bundesland  sollte am 10. Oktober 2020 in Klagenfurt das 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung  begangen werden. Die Absage aus Angst vor Covid19-Ansteckungen hat heftige Kritik der Opposition ausgelöst, die Freiheitlichen fordern „eine würdige Landesfeier“ am Neuen Platz. Die Brauchtums-, Volkskultur- und Heimatvereine aus ganz Kärnten hätten bereits viel Zeit und Herzblut in die Vorbereitungen gesteckt.

Kärnten, das in seinen ziemlich Covid-freien Tälern kaum eine erste Welle erlebte, muss eine zweite Welle eher weniger von singenden und winkenden Trachtengruppen befürchten, als vom Gästesturm, der sich schon am Wochenende durch Velden wälzte. Die Frage ist vielmehr, was 2020 ein angemessene Form der Gedenkfeier für dieses, für das Zusammenleben der Volksgruppen in Kärnten so entscheidende, historische Ereignis von 1920 ist. Als zeitgemäße Auseinandersetzung  kann man jedenfalls das am Samstag gestartete Projekt „Brücken bauen – Gradimo Mostove“ ansehen. Initiator Gerhard Leeb gewann 30 Künstler, Literaten und Filmschaffende dafür, auf zwölf Draubrücken und bei drei Verbund-Kraftwerken mit ihren Arbeiten Zeichen der Versöhnung setzen. So werden auch einst im Abwehrkampf  umkämpfte Brücken selbst zu Denkmälern des Zusammenlebens und der kulturellen Vielfalt Kärntens.

Eine würdige Feierlichkeit, während übrigens anderenorts auf der Welt gerade  reihenweise Denkmäler gestürzt werden als Folge der Black-Lives-Matter-Bewegung, quer durch alle Kolonialmächte. Dabei trifft es bei der einstigen Kolonialmacht Spanien nicht nur Christoph Kolumbus. Im Golden Gate Park in  San Francisco wurde nun auch eine Statue des  Autors des Don Quijote beschmiert. Miguel de Cervantes, ein, wie er geschmäht wurde, „Bastard“? Um mit Don Quijote zu antworten: "Die Narrheit hat gewiss mehr Genossen und Schmarotzer als die Gescheitheit."

Einen entspannen Sonntag wünscht Ihnen