Was die steirischen Sozialdemokraten sich von der gestrigen Landtagswahl erhofft hatten, könnte für ihre Wiener Genossen zum Albtraumszenario werden: Der Schichtwechsel. Michael Schickhofer, roter Spitzenkandidat in der Steiermark, hatte ihn plakatiert, doch seine Partei stürzte am Sonntagabend in ein historisches Tief. Besonders dramatisch sind die Verluste in Graz. Einer Stadt, die, bevor Siegfried Nagl kam, achtzehn Jahre lang einen roten Bürgermeister hatte. In der steirischen Landeshauptstadt erreiche die SPÖ nur 15,5 Prozent. 

Der große Wahlsieger ist in Graz aber nicht, wie im Rest der Steiermark, die ÖVP, sondern eine Partei, die es zumindest in den Städten darauf anlegt, eine neue, linksliberale Volkspartei zu werden:  Die Grünen. Mit 24,7 Prozent der Stimmen liegen sie nur knapp hinter der ÖVP. Die Wahlkartenprognose sieht sie sogar auf dem ersten Platz. 

Die Wiener SPÖ, die sich mitten in den Vorbereitungen für den Wiener Wahlkampf befindet, muss dieses Ergebnis als gefährliche Drohung sehen. Das Grazer Wahlergebnis ist eine Fortschreibung der Niederlage bei der Nationalratswahl im September. Dabei verlor die SPÖ in Wien mehr als sieben Prozentpunkte und einige ihrer Kernbezirke –  im innerstädtischen Bereich an die Grünen, in den kleinbürgerlicheren Randbezirken an die ÖVP. Die Wählerstromanalyse der Steiermark-Wahl zeichnet dieses Bild weiter: Auch dort verlor die SPÖ stark an die ÖVP und Grüne. 

Wien ist nicht Graz, betonen rote Parteistrategen noch am Wahlabend, und Landtagswahlen seinen untereinander sowieso nicht vergleichbar. Der Erfolgslauf der Grünen in den Städten ist allerdings kein regionales Phänomen. Bei der Europawahl in Deutschland waren die Grünen in neun der zehn größten Städte auf Platz eins, teils mit deutlichem Abstand.