Als Gery Keszler 2021 das Charity-Event "Austria for Life" ins Leben gerufen hat, hatte Österreich gerade einmal das erste Jahr Pandemie hinter sich. Zwei Jahre später bei der zweiten Auflage der Veranstaltung hat die Gesellschaft auch mit der Teuerung, der Klimakrise und den Folgen des Ukraine-Krieges zu kämpfen. "Krieg und Pandemie haben ganz viel mit den Menschen gemacht. Darum ist es wichtiger denn je, schöne Dinge zu machen", sagte Keszler im Vorfeld der Show am 29. April.

"Ich bin oft gefragt worden, warum ich in so schweren Zeiten ein so opulentes Fest aufmache. Und ich antworte immer drauf, dass ich ganz fest daran glaube, dass das die Antwort ist: Den Menschen etwas Schönes, etwas Außergewöhnliches und Freude zu geben, wenn es einen Mangel davon gibt", sagte Keszler im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. 150 heimische Künstlerinnen und Künstler werden in drei Wochen vor dem Schloss Schönbrunn in einer 90-minütigen Show die österreichische Geschichte "mit einem Augenzwinkern" auf die Bühne bringen. Der Erlös durch Kartenverkauf und zusätzlichen Spenden kommt der Initiative "Österreich hilft Österreich" zugute. Mit dem Geld werden vor allem benachteiligte Familien, Kinder und Jugendliche unterstützt. Hinter der Initiative stehen die Hilfsorganisationen Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz, Samariterbund und Volkshilfe. Der ORF und einige Privatsender werden das Spektakel live ab 20.15 Uhr übertragen.

Keszler verspricht für den 29. April etwas "Großes und Außergewöhnliches"

In Zeiten wie diesen eine Benefizshow auf die Beine zu stellen, sei weitaus schwieriger geworden, sagte Keszler. Neben dem finanziellen Aspekt sei es nicht einfach, Leute zu finden, die "full-time und darüber hinaus" bei so etwas mitwirken. Nach dem Ende des Life Balls sei auch sein Team "zersprengt" worden. "Gemeinsam in den Jahren zu wachsen und besser zu werden, nichts ist wertvoller als das", sagte Keszler. "Deshalb kommt mir das jetzt ein bisschen so vor, wie in den Anfangsjahren des Life Balls in den 1990ern. Das ist so ein bisschen eine Guerilla-Aktion", meinte er lachend. "Es heißt ganz, ganz viel, wieder selber anpacken. Das darf man aber jetzt nicht missverstehen. Ich habe immer von in der Früh bis in die Nacht hinein überall angepackt am Life Ball. Aber es ist das Team winzig klein und es sind die Möglichkeiten sehr beschränkt." Im vergangenen Jahr musste die Show wegen der Änderungen bei Förderungen, Spenden und Finanzierungen etwa durch den Ukraine-Krieg oder durch die Teuerung durch das Wiederaufleben der Eventbranche in der Pandemie abgesagt werden.

"Und trotzdem werden wir etwas ganz Großes und Außergewöhnliches machen am 29. April", versprach Keszler. Und das sei angesichts der vielen Krisen auch wichtig: "Es ist so eine Schwere bei den Leuten. Die Menschen haben Sorgen und sorgen sich auch vor dem Ungewissen, vor der Zukunft", erklärte er.

"Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir in eine Normalität zurückkommen"

Vor allem die Kinder und Jugendlichen – für die der Erlös der Show heuer gedacht ist – waren stark von der Pandemie betroffen. "Die jungen Leute haben viel verpasst in ihrer wichtigen Entwicklungszeit. Das ist ja so eine prägende Zeit." Zudem würden die Themen Umwelt und Krieg auch die Jüngsten des Landes sehr beschäftigen. "Das versucht 'Österreich für Österreich' jetzt aufzufangen mit Lern- und Bildungsmaßnahmen, psychosozialer Unterstützung und natürlich auch mit finanzieller Direkthilfe in den Familien."

"Unsere ganze Kultur, unser Miteinander wird derzeit belastet und ist gefährdet. Und dadurch werden wir auch immer egoistischer", so Keszler. "Letztendlich vergessen wir dann, den Menschen zu helfen, die Hilfe noch dringender brauchen, weil wir diese Empathie verloren haben. Das ist – so glaube ich – ein Zeichen unserer Zeit", erklärte der "Austria for Life"-Organisator. "Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir in eine Normalität zurückkommen, die wieder mehr Empathie zulässt", sagte Keszler.

Keine Triple 7 mehr zwischen Los Angeles und Wien

Geändert haben die Krisen auch die Art von Events. "Ich werde den Life Ball immer in meinem Herzen tragen. Aber vieles davon ist nicht mehr zeitaktuell", sagte Keszler. "Ich würde auch nie wieder eine Triple 7 (Boeing 777, Anm.), auch wenn sie gesponsert ist, so einfach mal kurz zwischen Los Angeles und Wien hin- und herfliegen lassen", sagte Keszler in Hinblick auf die Klimakrise. Zum Life Ball wurden die Stars stets am Vortag des Balles nach Österreich gekarrt. "Das sind Zeichen, die können wir heute nicht mehr machen." Und weiter: "Unser Ziel ist es auch nicht, schneller, höher, weiter zu gehen und so wie beim Life Ball internationale Stars zu holen. Es soll ja wirklich ein Signal sein von Menschen, die in diesem Land leben."

Das erste "Austria for Life"-Event fand zum ersten Mal mitten in der Pandemie statt. Da brauchte es coronasichere Überlegungen im Vorfeld: "Wie willst du ein Event organisieren, wenn du gar nicht vor die Tür gehen darfst. Es musste ein Konzept sein, das funktioniert, ohne dass Publikum anwesend sein muss." Ein Callcenter, das Spenden annehmen kann, war das Konzept, unabhängig davon, ob Gäste anwesend sind oder nicht. "Das war beim ersten Mal ein besonderes Flair vor dem Stephansdom, weil die passende Sprache gefunden wurde in so einer drückenden Zeit." Und es sei in seinen Dimensionen überschaubar gewesen, sagte der Organisator, "das sage ich jetzt einmal für keszlerische Verhältnisse".

Das erste "Austria for Life"-Event wurde ja auch mit dem Wissen veranstaltet, dass hier eine neue Marke aufgebaut wird, wo man sich entscheiden muss "in welcher Liga, in welcher Dimension willst du spielen" in Zukunft. Vieles, was Keszler in einem Vierteljahrhundert Life Ball angeeignet hat, wird in einer "neuen Form, der Zeit entsprechend" umgesetzt. Es sei keine Party mehr, sondern eine 90-minütige Liveshow zur Primetime. "Es sollen ja viele spenden und da musst du was bieten. Aber auf der anderen Seite musst du schon sehr sensibel damit umgehen, dass das jetzt nicht zu einer Selbstdarstellung wird, sondern dass man die Menschen mit ihren Problemen abholt in der Show und dass sie sich wiederfinden und in den Geschichten, die da erzählt werden."

Prominente an den Spendentelefonen

Dass die heimischen Künstlerinnen und Künstler aus Musik und Schauspiel dabei sind, sei "ein Riesensolidaritätsakt". In der Show am 29. April werden Zeitenwenden aus der Vergangenheit Thema sein: vom Bauauftrag des Schlosses Schönbrunn bis in die Republik. "Wir leben jetzt auch in einer Zeitenwende", so Keszler. "In der Show sind viele Geschichten, die man nicht kennt", so Keszler. Durch die Zeit führt Schauspielerin Kristina Sprenger als Lehrerin, die mit ihrer Schulklasse Schönbrunn besucht. Für diese Figur war Keszlers frühere Geschichtslehrerin Vorbild. "Mit meiner Geschichtslehrerin habe ich mein Leben lang Kontakt aufrechterhalten", erzählte der Organisator des Charity-Events. "Ihre Erzählungen waren so lebensecht."

Die Figur der Lehrerin in der Show kann sogar durch die Zeiten reisen und sieht, wie die Vorfahren mit Krisen umgegangen sind. "Wie haben sie das gelöst und was lernen wir daraus? Und was müssen wir tun, um der Jugend etwas weiterzugeben, was ihnen wieder mehr Hoffnung gibt?", so Keszler. Für das Event wird die historische Auffahrtsrampe für Pferdekutschen – im Original 50 mal 50 Meter groß – in Schönbrunn nachgebaut. Kutschen aus drei Jahrhunderten sowie Pferderassen aus acht Gestüten und fünf Nationen – Tschechien, Ungarn, Slowakei, Slowenien und Österreich – werden bei der Aufführung zum Einsatz kommen. An den Spendentelefonen sitzen wieder Promis – 35 Persönlichkeiten – unterstützt von Soldatinnen und Soldaten der Garde des Österreichischen Bundesheeres.

Keszler wird im Juni 60 Jahre alt

"Es macht mir gerade wieder irrsinnig Spaß, etwas komplett Neues zu beginnen. Je älter man wird, desto mehr kommt der Drang, zu zukünftigen Generationen etwas beizutragen", sagte Keszler in Hinblick darauf, dass er am 27. Juni seinen 60. Geburtstag feiert. "Die eigenen Wünsche werden mit zunehmenden Alter weniger. Dass, was junge Leute brauchen, wonach sie sich sehnen, worauf sie neugierig sind, das interessiert mich total. Das möchte ich auch mit meinen Möglichkeiten fördern."