Öffentliches Interesse ist nichts Neues für Gabriel Kelly. Der 19-Jährige aus Rostock ist in eine der wohl bekanntesten Musikerfamilien im deutschen Sprachraum hineingeboren worden: die Kelly-Family, deren Mitglieder rund um Paddy und Angelo in den 1990er-Jahren mit wallenden Gewändern und ebensolchen Haaren zu Superstars aufstiegen. Musik und Image der neuen Generation präsentieren sich aber als Gegenentwurf.

Gabriel hatte sich für sein erstes eigenes Musikvideo die Haare raspelkurz rasiert - und das ist nicht das einzige, was ihn von seinem Vater Angelo und vielen seiner Onkels und Tanten unterscheidet. Seine Musik klingt völlig anders als der sanfte 90er-Jahre-Pop, mit dem die Kelly Family ("An Angel") berühmt wurde und auch nach ihrer (zumindest teilweisen) Wiedervereinigung vor einigen Jahren noch riesige Konzerthallen füllte.

Gabriel rappt und wagt sich dabei auch an schwierige Themen heran. "Viele sagen: Toll, dass Du Dich als einer der Kellys mal politisch äußerst", sagt Gabriel im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. "Sucht" hieß seine erste Single, die er gemeinsam mit seiner Schwester Helen aufgenommen hat. "Alle gleich" heißt die zweite, die gerade erschienen ist. Das Thema: der Generationenkonflikt. Das ist gerade in Coronazeiten, in der gegenseitige Rücksichtnahme gefordert ist, ein heißes Eisen.

"Ich muss leider sagen, dass ich das selber auch oft so mitbekommen habe", sagt der 19-Jährige. "Ein älterer Herr vorm Edeka, der sich selbstverständlich vordrängelt, Aussagen wie: 'Ey, Du kannst hier nicht mitreden, Du bist noch zu jung'." Dieser Frust, so sagt Gabriel Kelly, "der musste raus".

Vor allem in der Coronakrise wünscht er sich mehr Verständnis für junge Leute. "Wenn Menschen in die Pubertät kommen, dann haben sie diese Selbstfindungsphase. Und wenn sie dann so eingeschränkt sind und sich nicht ausleben können, ist das schlimm", sagt er. "Wir sind doch ausschlaggebend für die Zukunft. Da muss man doch wenigstens einen Grundrespekt haben."

Die Reaktionen auf das, was der junge Mann zu sagen hat, sind - so sagt er es - fast ausschließlich positiv: "98 Prozent Daumen hoch." Auf Instagram folgen ihm knapp 70.000 Abonnenten. "Ich finde es schade", sagt er, "dass jung und naiv oft gleichgesetzt wird."

Gabriel zumindest scheint mit seinen nicht einmal 20 Jahren ziemlich genau zu wissen, was er will: eine Musikkarriere. Wie sein Vater Angelo (39) und doch ganz anders. Sein Album ist schon eine Weile fertig - jetzt wartet er darauf, dass die Coronasituation es zulässt, dass er die Platte rausbringen und dann auch auf Tournee durch die Clubs gehen kann. Und auch mit seiner eigenen Kelly Family, seinen Eltern und den vier Geschwistern, auf Tour durch die größeren Hallen.

Mit dieser Familie steht er schon lange in der Öffentlichkeit. Die Auswanderer-Reality-Show "Goodbye Deutschland" war beispielsweise dabei, als die sieben Kellys in die alte Heimat nach Irland auswanderten. "Das ist kein PR-Gag, meine Familie lebt heute noch da", sagt er und lacht.

Dort habe seine Mutter ihn und die Geschwister auch per Homeschooling unterrichtet, bis er 13 oder 14 gewesen sei. Einen Schulabschluss hat Gabriel nicht. "Für mich war relativ schnell klar, dass ich Musik machen will, darum habe ich das nicht als nötig empfunden." Seine Geschwister würden länger von ihrer Mutter unterrichtet, fällt ihm auf. "Darum bin ich auch der Dümmliche in der Familie", sagt er und lacht. Seine ein Jahr jüngere Schwester Helen nimmt gerade ein Studium in London auf.

Ganz herkömmlich sei seine Kindheit nicht gewesen - wie das bei Kellys so üblich zu sein scheint. "Ich bin bestimmt schon zwölf Mal umgezogen und habe vier Jahre mit meiner Familie im Wohnwagen gelebt. Aber für mich ist Deutschland schon meine Heimat."

Der Kontakt zur Hunderte Kilometer entfernt lebenden Familie sei aber gut und eng. "Ich weiß schon, wo meine Wurzeln sind", sagt Gabriel, der zusätzlich zu seinem eigenen Musik-Ding auch weiterhin mit der ganzen Familie auf der Bühne stehen und Folk-Lieder singen will. Eine Tätigkeit, die seinem Vater erst kürzlich Ärger mit der Justiz und ein Bußgeld einbrachte, weil der jüngste Sohn der Familie nach Ansicht der Behörden zu spät am Abend noch mit auf der Bühne stand.

Wenn es gar nicht klappen sollte mit der Karriere, dann könne er auf seine handwerklichen Fertigkeiten zurückfallen und Tischler werden, sagt Gabriel, der nach wie vor gerne Straßenmusik auf der Strandpromenade von Warnemünde macht. "Aber im Moment gibt es für mich nur Plan A."