Als ich meine Eltern anrief, sagten sie eigentlich nicht viel – sie weinten nur“, verriet Francesca Jones dem „Guardian“. Der Grund zum Weinen war allerdings einer zum Jubeln. Denn die Britin hatte in Dubai gerade nach zwei weiteren Konkurrentinnen die Chinesin Lu Jiajing mit 6:0 und 6:1 besiegt und damit die Qualifikation für die Australian Open geschafft.

Aber Jones schaffte damit noch viel mehr. Die Erfüllung eines Traums. Ihr erstes Grand-Slam-Turnier. Und das mit nur acht Fingern und sieben Zehen. Die 20-jährige leidet nämlich an einem sogenannten EEC-Syndrom, einer höchst seltenen angeborenen Erkrankung, die Spaltfüße, Spalthände sowie eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte verursacht. Bislang wurden weltweit nur 300 Patienten beschrieben.
Jones fehlt an beiden Händen je ein Finger, an ihrem rechten Fuß zwei Zehen, am linken einer. „Aber nur weil ich einen anderen Satz Karten als meine Gegnerinnen habe, heißt das nicht, dass ich nicht gewinnen kann.“

Kann sie. Auch gegen Ärzte, die ihr als Kind nach etlichen Verletzungen und zehn Operationen wegen der Auswirkungen ihres Gendefekts gesagt hatten, sie solle das Tennisspielen doch lieber sein lassen. Dennoch wechselte die Hochtalentierte aus Leeds mit neun Jahren ins Internat der Akademie Sánchez-Casal in Barcelona, erhielt dort den Feinschliff und biss sich durch – auch gegen den Hass, den sie neben viel Sympathie und vielen Fragen wegen ihres Handicaps heute noch erntet.

Jones, die besonders leichte Schläger mit schmalen Griffen im Gepäck hat, ist eine von 128 Einzel-Spielerinnen bei den Australian Open, die am 8. Februar beginnen. Jetzt kommt sie erst einmal wie alle anderen in 14-tägige Quarantäne, aber dann kann sich die Nummer 241 der Welt in Melbourne unter den Allerbesten beweisen. Als Außenseiterin – die Rolle kennt sie ja. Und mit ihren eigenen Karten.