Seit Jahrzehnten prägt Keith Jarrett die Jazz-Szene und gehört zu den erfolgreichsten Musikern der Welt. In den 90er Jahren musste sich der vielfach preisgekrönte Pianist eine Auszeit nehmen, litt unter chronischer Erschöpfung und konnte nicht mehr spielen. Als die Kraft langsam zurückkehrte, musste er seine Virtuosität neu erlernen. "Alles war anders. Ich habe Musik und ihre Bedeutung anders empfunden", sagte er damals. Das letzte Mal live vor Publikum trat er 2017 in der New Yorker Carnegie Hall auf. Es wird  vermutlich das letzte Konzert von Keith Jarrett bleiben. Denn wie der 75-Jährige nun in der "New York Times" sagte, sei sein gesundheitlicher Zustand aufgrund zweier Schlaganfälle so schlecht, dass er wohl nie wieder auf die Bühne zurückkehren kann.

Wie "Bach mit einer Hand"

Den ersten Schlaganfall hatte er im Februar 2018, seither sei seine linke Körperseite paralysiert: "Ich kann versuchen, am Stock zu gehen, aber ich brauchte über ein Jahr, um das zu lernen. Ich kann mich nur sehr schwer in meinem Haus bewegen." Auch das Musizieren falle ihm schwer: "Ich versuchte mir vorzumachen, ich sei Bach mit einer Hand." Als er vor Kurzem ein paar alte  Bebop-Nummern habe spielen wollen, hätte er diese glatt vergessen gehabt, sagte er der "New York Times".

Geboren wurde Jarrett 1945 als ältester von fünf Söhnen in eine streng religiöse Familie im US-Bundesstaat Pennsylvania hinein. Schon als kleines Kind bekam er Klavierunterricht, mit sieben Jahren gab er sein erstes Konzert, mit zwölf ging er auf Tourneen, 17-jährig füllte er ein Abendprogramm ausschließlich mit eigenen Kompositionen, und schon bald spielte er mit Stars wie Charlie Haden und Miles Davis. Berühmt wurde er vor allem durch sein "Köln Concert" von 1975, das mit mehr als 3,5 Millionen verkauften Kopien das erfolgreichste Soloalbum der Jazzgeschichte wurde.