Weitgehend ohne Dissonanzen ist am Sonntag die Europäische Kulturpreisgala in der Wiener Staatsoper über die Bühne gelaufen. Geehrt wurden Stars wie Sophia Loren, Dirigentin Simone Young, Maler Neo Rauch und Bariton Thomas Hampson. Neben der Umweltinitiative "R20 Austrian World Summit" nutzte Designerin Vivienne Westwood die Gala für einen Klimaschutz-Appell - und wurde schlicht wegapplaudiert.

Eine befürchtete Dissonanz hatte das Kuratorium Europäischer Kulturpreis bereits im Vorfeld vermieden: Der mit Belästigungsvorwürfen aus seiner Vergangenheit konfrontierte Sänger Placido Domingo erhielt in diesem Jahr doch keinen Preis für sein Lebenswerk. Stattdessen soll er die Auszeichnung für sein Lebenswerk nun am 3. Oktober 2020 in Bonn erhalten. Vor Wien waren Dresden und Hamburg Schauplätze der Gala zur Verleihung des "Taurus".

"Wehe, wenn man derartiges abschafft"

"Ich kann Ihnen nicht erklären, was es ist, aber es ist sehr schwer", rätselte Laudator Ioan Holender bei der Übergabe des Preises an Young, die er selbst als Dirigentin an sein Haus geholt hatte. Den stilisierten Stier hatte zuvor auch Holenders Nachfolger Dominique Meyer stellvertretend für die Staatsoper abgeholt. Die ehrenden Worte kamen dabei von Schauspieler und Regisseur Otto Schenk, der meinte: "Dieses Haus ist ein Geschenk für die Stadt" - und "wehe, wenn man derartiges abschafft".

Zu allererst war es ein Reigen von Opernstars, die für ihre Leistungen gewürdigt wurden. Etwa Nina Stemme, die von Christa Ludwig zum "größten dramatischen Sopran unserer Zeit" geadelt wurde. Bildung sei Menschenrecht, aber auch Menschenpflicht, konstatierte Thomas Hampson, dessen Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Und Rene Pape, der in der ehemaligen DDR aufwuchs, verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass Europa nicht durch Missgunst zerfalle.

Westwood wurde "weggeklatscht"

Wirklich politisch wurde es aber, als Modeschöpferin und Aktivistin Westwood die Bühne betrat: Sie warnte vor der Selbstauslöschung der Menschheit, nicht zuletzt durch den Klimawandel, geißelte den Kapitalismus, das Steuersystem und vor allem jene korrupten Politiker und das System, die dies zuließen. Unterbrochen wurde sie jäh vom ungeduldigen Publikum, dessen höflicher Applaus die Botschaft jäh abwürgte.

Immerhin hatte der Klimaschutz ohnehin seinen Platz in der Dramaturgie: Als die von Arnold Schwarzenegger ins Leben gerufene Initiative "R20 Austrian World Summit" mit einem "Taurus" ausgezeichnet wurde. Der auf Promotion-Tour befindliche Schauspieler und Ex-Politiker entschuldigte sich via Video-Botschaft für seine Abwesenheit. "Noch immer gibt es genug Menschen, die eine weltweite Klimakrise nicht ernst nehmen", meinte auch er.

Loren erhielt Preis von ihrem Sohn

Immerhin gab es auch ungetrübt rührende Momente bei der "Europäischen Kulturpreisgala". Etwa als Filmdiva Sophia Loren die Statuette von ihrem Sohn, dem Dirigenten Carlo Ponti junior erhielt und beide vereint abgingen. Oder als Laudatorin Anette Dasch das Publikum den bekannten Kanon "Frere Jacques" singen ließ - in Abwandlung an den Geehrten allerdings als "Thomas Hampson - vielen Dank - für dein Lebenswerk - vielen Dank."

Nach gut drei Stunden waren alle Stiere verliehen. Weiters noch an die 14-jährige britische Komponistin Alma Deutscher und den amerikanischen Komponisten und Mäzen Gordon Getty, der von Stargeiger Daniel Hope gewürdigt worden war. Dieser sorgte auch - neben dem Staatsopernorchester unter Youngs Dirigat und Sängerin Ina Regen - für die musikalische Umrahmung der Gala.