Für Antonio Banderas (58) war die Rolle in "Dolor y Gloria" (deutscher Titel: Leid und Herrlichkeit) von Pedro Almodovar einzigartig. "Ich habe mich als Schauspieler in dem Film neu erfunden", sagte er im Interview in Cannes. Ein Gespräch über seine Freundschaft mit Almodovar und über die Schauspielerei.

Als Sie das Drehbuch zu "Dolor y Gloria" gelesen haben, wie war da Ihre erste Reaktion?

Antonio Banderas: Ich habe sofort verstanden, dass es sich bei dem Charakter um Pedro handelt. Seine Kindheit und Jugend in dem Dorf, in dem jeder alles über jeden wusste. Das war alles so ausdrucksstark und unwahrscheinlich zugleich.

Warum wollte Almodovar, dass Sie die Rolle spielen?

Banderas: Ich habe ihn nicht gefragt. Wir sind sehr gute Freunde. Wir sind offen zueinander und kritisieren einander auch. Deshalb sind wir Freunde, sonst wären wir Kollegen. Vielleicht deshalb.

In die Haut eines Freundes zu schlüpfen ist nicht leicht. Fiel Ihnen die Rolle schwer?

Banderas: Nein, wir sind mit dem Dreh schneller fertig geworden als geplant. So etwas kommt fast nie vor.

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Banderas: Pedro wollte einen anderen Antonio. Einen, der seine Lebenserfahrung einbringt. Ich habe mich als Schauspieler in dem Film neu erfunden.

Wie haben Sie das gemacht?

Banderas: Man kann ein guter Darsteller sein, aber eines Tages passiert etwas, das man nicht erklären kann. Ich habe entdeckt, dass ich einen Charakter habe. Ich konnte meine Emotionen kaum zurückhalten. Das war die schönste Erfahrung meines Lebens.

Sie hatten Anfang 2017 einen Herzinfarkt. Hat diese Erfahrung Ihre Schauspielerei beeinflusst?

Banderas: Wenn man einmal gespürt hat, dass einem das Leben entwischen will, ist man nicht mehr derselbe. Man denkt und fühlt anders danach.

Hat Sie Almodovar mit diesem stark autobiografischen Film sehr überrascht?

Banderas: Pedro ist jemand, der schüchtern ist. Er redet nicht gern über sein Privatleben. Das habe ich immer respektiert. Beim Lesen des Drehbuchs war ich erstaunt, denn Pedro ist da mit seiner eigenen Geschichte sehr weit gegangen.