Mit anspruchsvollen Themen wie Fake News, der möglichen Beeinflussung der Medien durch die Politik und dem Ehrenkodex der Journalisten ging es bei der dritten Sitzung des Leserforums der Kleinen Zeitung, die am Freitagabend im Styria Media Center in Graz stattfand, gleich ans Eingemachte. Der leitende Deskchef Christian Weniger erläuterte zu Beginn die rechtlichen Rahmenbedingungen, denen Medien unterworfen sind. Zusätzlich hat sich die Kleine Zeitung noch dem Ehrenkodex des Presserates verschrieben und im hausinternen "Code of Conduct" wird noch einmal strenger geregelt, wie sich die Redakteure in ethischer Hinsicht zu verhalten haben.


Bei der Kleinen Zeitung werden Namen von mutmaßlichen Tätern und Opfern nur in Ausnahmefällen genannt und auch bei Fotos ist man zurückhaltend. Redaktionsmanager Bernd Olbrich: "Wir bilden keine Toten ab, auch das Video der Amokfahrt in Graz haben wir nicht gebracht. Man muss sich immer fragen: Was bringt es, die Opferfotos zu haben?" Caroline Rodlauer gab zu bedenken, dass durch die Abbildung der Gesichter doch auch die Anteilnahme steige. Chefredakteur Hubert Patterer: "Es ist ein schmaler Grat, nicht nur Sensationslust zu befriedigen. Wir wissen auch, dass solche Themen im Internet gut geklickt werden, doch man sollte der Versuchung widerstehen, sie nur deshalb aufzugreifen."


Wie zwiespältig das manchmal empfunden werden kann, zeigt das Beispiel von Maria Jandl. Sie kommt aus der Gegend jener Familie, deren Bergbauernhof in den Weihnachtsfeiertagen abbrannte – drei Menschen starben. Sie erzählt, dass die umfassende Berichterstattung samt Titelseite, die nicht bei allen Lesern gut angekommen war, der betroffenen Familie massiv geholfen hätte, da dadurch viele Spenden für die Hinterbliebenen lukriert werden konnten.


Aber nicht nur die Opfer, sondern auch mutmaßliche Täter müssen geschützt werden. So wurden durch die Namensnennung in anderen Medien bereits Menschen geschädigt, die sich dann als unschuldig herausgestellt haben, wie zuletzt ein Wiener Diplomat, der offenbar zu Unrecht des Missbrauchs an seiner Enkelin bezichtigt worden war. Weniger: "Ich bin froh, dass wir da sehr zurückhaltend agieren. Man kommt nicht mehr mit sich ins Reine, wenn man jemanden ruiniert hat."
Maria Pachernegg interessierte, inwiefern Politiker versuchen, Einfluss auf Journalisten bei der Kleinen Zeitung zu nehmen. Patterer: "Es gehört zu den wirklich großen Herausforderungen unseres Berufes, Nähe und Distanz gut auszubalancieren. Man darf sich nicht von der Nähe zur Macht blenden lassen." Margit Nöhrer äußerte ihr Gefühl, es werde immer mehr von der Politik gelenkt, was nach außen dringen darf. Patterer: "Ja, diese Regierung macht das sehr strikt, das thematisieren wir auch in der Zeitung. Jede Woche wird ein neues Thema vorgegeben. Wir Journalisten müssen dann auch andere Inhalte aufgreifen, über die sonst geschwiegen wird." Olbrich ergänzt: "Wir sind gerade mit unserer Wiener Redaktion sehr nahe dran, hartnäckig und gut vernetzt. Wir lassen uns nicht abspeisen." Weniger: "Zur Ehrenrettung der aktuellen Politiker muss man allerdings an die 1960er-Jahre erinnern, wo Journalisten Interviews einfach nur diktiert bekommen haben, vor allem die der Parteizeitungen und andere Kanzler pflegten intensive Kontakte zu gewissen Medien, die sich dann auch finanziell auszahlten."


Christof Weber: "Und wie geht man mit Fake News um?" Weniger: "Es gab zum Beispiel das Gerücht, dass in der Südsteiermark Supermärkte von Flüchtlingen geplündert worden seien. Wir haben nicht auf die Behauptung hin berichtet, obwohl die Leute uns beschimpften, wir würden etwas verschweigen. Stattdessen haben wir vor Ort recherchiert und es kam heraus, dass dieser Vorfall nie stattgefunden hatte."


Anschließend gab Geschäftsführer Thomas Spann noch spannende Einblicke in die Arbeit der Anzeigen und Marketing GmbH der Kleinen Zeitung, die für die Erlöse verantwortlich ist. Immer wieder kämen Beschwerden wegen gewisser Werbeformen wie die Tip-On-Karten oder Ummantelungen der Titelseite. "Wir setzen diese Werbeformen sehr vorsichtig ein, weil wir unsere Leser nicht verärgern wollen", so Spann. "Aber ohne Anzeigen wäre die Zeitung doppelt so teuer, schließlich kommen 40 Prozent der Erlöse aus dem Werbemarkt. Also muss man einen Kompromiss finden."

Besuch der Styria-Druckerei in Graz
Besuch der Styria-Druckerei in Graz © Ballguide/Maximilian Martin Wolf

Beim abschließenden Besuch der Styria-Druckerei in Graz Messendorf schossen schließlich nicht nur die frisch gedruckten Zeitungsseiten durch die Druckmaschinen, sondern unter der Führung von Uli Bauer flogen den Mitgliedern des Leserforums auch beeindruckende Zahlen nur so um die Ohren: 157 Millionen gedruckte Zeitungen pro Jahr verbrauchen 16.170 Tonnen Papier. 4000 Meter Transportketten an den Förderbändern. 90.000 Zeitungen mit je 96 Seiten werden pro Stunde gedruckt. Eine Papierrolle wiegt 1,2 Tonnen und ist ausgerollt 22 Kilometer lang. Produktionsmanager Rudi Raunig berichtete über die Herausforderungen, eine möglichst aktuelle Ausgabe noch spät nachts mit 18 verschiedenen Regionalausgaben zu drucken und dann in die entlegensten Regionen zur Zustellung zu bringen.


1800 Zusteller bemühen sich jede Nacht um eine korrekte Zustellung, was größtenteils gelingt, sollte nicht die Witterung ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Obwohl die Druckmaschine eine der schnellsten weltweit ist, ist sie doch in die Jahre gekommen und wird nun bis Jahresende durch ein moderneres Modell ersetzt. Damit die Zeitung und ihre Beilagen noch moderner werden und schneller beim Leser sein können.