Der Olympische Friede ist eine Tradition, die seit 2902 Jahren existiert. Damit regelten griechische Stämme eine sichere An- und Abreise der Athleten und Zuschauer zu den Olympischen Spielen der Antike. Das bedeutet auch einen Waffenstillstand während der Wettkämpfe selbst. Natürlich wurde der Friede in der Neuzeit nicht immer eingehalten, aber selten war er so im Fokus, wie er es bei den Winterspielen vom 9. bis 25. Februar auf der koreanischen Halbinsel ist.

Seit Monaten schon treibt nicht wenige Sportler die Angst um, die verbale Eskalation zwischen dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un und dem US-Präsidenten Donald Trump könnte in einem atomaren Inferno enden. Immerhin liegt der Austragungsort Pyeongchang nur rund 80 Kilometer von der innerkoreanischen Grenze entfernt.

Doch ausgerechnet die Olympischen Spiele öffnen ein Fenster für eine Annäherung zwischen dem stalinistischen Norden und dem demokratischen Süden. Bereits am kommenden Dienstag wollen sich Diplomaten beider Länder treffen, um über die Teilnahme von nordkoreanischen Athleten im Februar zu sprechen. Kim hatte in seiner Neujahrsansprache erklärt, eine Delegation nach Pyeongchang schicken zu wollen. Es wäre das erste direkte Gespräch beider Länder seit mehr als zwei Jahren. Die Gesprächsbereitschaft weckte sofort die Hoffnung auf Tauwetter über das Ereignis hinaus.

Ein Waffenstillstand ist kein Friedensvertrag

Denn noch etwas dürften die Nord- und Südkoreaner bei den Gesprächen im Kopf haben: Seit dem Ende des Krieges 1953 gilt lediglich ein Waffenstillstand. Ein Friedensvertrag wurde nie unterzeichnet. Sollte Nordkorea doch an den Spielen im Land des benachbarten Feindes unter den Augen der Weltöffentlichkeit teilnehmen, käme das einer Anerkennung auf Augenhöhe gleich. Andersherum ist klar: Ein Raketen- oder Atomtest bis dahin könnte das zweitgrößte Sportereignis des Jahres sogar gefährden.

Immerhin sendete sogar das Weiße Haus in Washington nach anfänglicher Skepsis über die Ernsthaftigkeit des Angebots aus Pjöngjang und der Drohungen mit dem „Atomwaffenknopf“ nun eine olympische Friedensbotschaft: Gemeinsam mit Südkorea wolle man während der Spiele keine Militärmanöver in der Region durchführen. Zudem wolle sogar die Familie von Trump die Spiele in Südkorea besuchen.

Allerdings überschattet noch ein Ereignis diese Spiele: Russland ist wegen einer Doping-Affäre als Mannschaft ausgeschlossen, Sportler dürfen – so sie denn sauber sind – als Einzelstarter unter einer neutralen Fahne antreten. Für Russland ein Schlag, immerhin ist man nur wenige Monate danach Ausrichter des größten Sportereignisses des Jahres: der Fußball-Weltmeisterschaft vom 14. Juni bis 15. Juli. Auch dort stehen die Spiele unter keinem ausschließlich leuchtenden Stern.

Angst vor Anschlägen

Die Angst vor Anschlägen durch russische Separatisten aus dem Nordkaukasus oder durch die Terrormiliz IS ist ein elementares Thema für die Veranstalter und war es auch für das Sicherheitskonzept des Organisationskomitees bei der Planung. Im Internet kursieren zahlreiche Materialien von radikalen Islamisten, die einen Bezug zur WM haben. Seit der IS in Syrien und im Irak weitgehend zurückgedrängt wurde, sind viele Kämpfer in ihre Heimat zurückgekehrt – auch nach Tschetschenien. Russland war in den vergangenen Jahren häufig Ziel von Terroranschlägen, meist gingen die Attentate auf das Konto von Tschetschenen.

Russland hat allerdings schon bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 gezeigt, wie gut es die Kontrolle behalten kann. Allerdings waren dafür damals 70.000 Polizisten und Geheimdienstmitarbeiter im Einsatz. Nicht sehr viel anders sah der Aufwand für den Confed-Cup 2017 aus – die Generalprobe für die WM.

Auf gutes Bild bedacht

Der russische Präsident Wladimir Putin will bei der Eröffnung der WM gerade seine Wiederwahl als Staatschef hinter sich haben und ist deshalb sehr darauf bedacht, während der Endphase der Organisation kein schlechtes Bild mehr aus dem eigenen Land in die Weltöffentlichkeit zu transportieren. Russland ist eine stolze Sportnation, betont der Kremlchef bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Deshalb sei nicht nur jede Verzögerung inakzeptabel. Er wolle auch keine Baulücken oder Halden von Bauschutt sehen, wenn das Fest beginnt, sagte er bei der Gruppenauslosung.

Russland hat viel Geld investiert, die WM ist ein immenses Konjunkturprogramm für die schwächelnde Wirtschaft. Und diese Schwäche ist überhaupt die einzige, die Putin im Ansehen der Bevölkerung gefährlich werden kann. Deshalb musste auch der Vizeministerpräsident und einflussreiche Sportfunktionär Witali Mutko als Cheforganisator der WM vor dem Jahreswechsel zurücktreten. Das IOC hält Mutko für den Hauptverantwortlichen des Doping-Skandals. Es ist aber nicht der einzige Kritikpunkt an ihm. In Russland tobt eine Debatte über Korruption beim Bau von Stadien, Infrastruktur und Hotels. Am Ende musste sich Mutko für ein glänzendes Russlandbild 2018 dem Druck von außen und aus dem Kreml fügen.