Sie führte lange ein Schattendasein, wurde in die dunklen Ecken des Kastens weggesperrt und verleugnet. Aber für die gewissen Stunden, abseits vom Alltagsstress, in denen man nicht von einem Bündchen gezwickt und gedrückt werden wollte, war sie dann doch wieder gut genug. Beim Fernsehgammeln, Staubsaugen oder Müll rausbringen. Wer das Glück auf seiner Seite hatte, wurde dabei auch nicht von den am Balkon rauchenden Nachbarn milde belächelt. Nachbarazzi. Bloß nicht gesehen werden mit dem grauen verwaschen-ausgebeulten Ungetüm von Beinkleid, das einem zu Hause den Freiraum lässt, den man nach dem Job so dringend braucht. Eigentlich ganz schön undankbar.

Doch die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Mode und Moden. Heute gilt: Laufsteg statt Davonlaufen bei Sichtkontakt. In nur wenigen Tagen, am 21. Jänner, wird sogar der Internationale Tag der Jogginghose gefeiert. Ein Grund mehr sich ihr auf die ausgeleierten Fersen zu heften.Zu ihren Anfängen umschmiegte sie zum Beispiel noch Athletenkörper, Hochleistungssportler sollten sich in der dehnbaren Hose besser aufwärmen können. Der französische Sportartikelhersteller „Le Coq Sportif“ brachte deshalb in den 1920er-Jahren eine schlichte Jerseyhose auf den Markt. In den 70ern wurde die Jogginghose dann zusehends von jenen getragen, die die Sache nicht mehr ganz sportlich sahen. Bis sie in den 80ern aus Nylonstoff und in den schrillsten Farben sogar in den angesagtesten Diskotheken antanzen durfte. Rapper wie die Herren von Run DMC machten das gute Stück gesellschaftsfähig.

Hausarrest

Ein letztes Aufbäumen vor dem Verfall. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie zum Markenzeichen der „Generation Privatfernsehen“. Hanteln wurden gegen die Fernbedienung getauscht. Designer Karl Lagerfeld meinte sogar, dass Menschen in Jogginghosen die Kontrolle über ihr Leben verloren hätten.