Sobald die kleine blaue Schachtel aus der Jackentasche eines Mannes wandert, greifen sich Frauen instinktiv ans Herz - ein kleiner unkontrollierter Impuls à la „Jetzt ist es so weit, jetzt passiert's wirklich“ - denn die kleine Box verheißt Großes. Vor allem, weil in Filmen nun der Gentleman auf die Knie geht und die Angebetete mit den genau richtigen Worten um ihre Hand und ihr ganzes Leben bittet. Happy Hand.

Farbe von Rotkehlcheneiern

Und all das wird ausgelöst von einer mit einer weißen Schleife eingerahmten Schachtel, deren Farbe von Rotkehlcheneiern inspiriert (Pantone No. 1837) wurde. Denn allein sie ist schon ein Versprechen. Ein geschickter Schachzug eines findigen Mannes namens Charles Lewis Tiffany, der 1837 am New Yorker Broadway sein erstes „Galanteriewarengeschäft“ eröffnete. Und den USA den ersten Versandhauskatalog sowie den Juwelieren dieser Welt das 925er Sterlingsilber brachte. Und den Frauen den Inbegriff des klassischen Verlobungsrings, in dem er durch seine spezielle Solitärfassung den Diamanten in den Mittelpunkt rückte, wo er nun mit der glücklichen Besitzerin um die Wette strahlt und erahnen lässt, wofür Ringfinger gemacht sein könnten. Natürlich tat auch der 1961 erschienene Kultfilm nach Truman Capotes gleichnamiger Romanvorlage „Breakfast at Tiffany's“ sein Übriges zur Festigung dieses positiven Images. Audrey Hepburn als verletzliche Holly Golightly barfüßig in einem Herrenhemd und der Tiffany-farbenen Maske in ihrem anonym eingerichteten Apartment, „Ich bin ganz verliebt in Tiffany“ hauchend. „Tiffany ist wie eine einsame Insel, da kann einem gar nichts Schlimmes passieren“, ist Holly Golightly überzeugt. Szenen wie jene, als das Partygirl perfekt zurechtgemacht im schwarzen Abendkleid mit schwarzer Sonnenbrille aus dem Taxi steigt und ihr Frühstück verzehrend von Schaufenster zu Schaufenster flaniert, bescheren dem Hauptsitz in der Fifth Avenue auch heute noch Touristenströme. Touristen, die sich leider nicht so ganz an Golightlys Dresscode halten. So zwickt's schon ein bisserl, wenn weiße Socken in Sandalen durch die heiligen Hallen stapfen und Selfiesticks zücken.

Ring und Film als Hauptdarsteller

Selbstverständlich sind Film und Ring die Hauptdarsteller im Tiffany-Universum. Die Wahrheit ist aber, dass sich Charles Lewis Tiffany auch in Sachen Uhren einen Namen gemacht hatte. Diese Tatsache manifestiert sich in Form einer beinahe drei Meter großen Figur des Titanen Atlas, der, ein Ziffernblatt geschultert, über der Marmorpforte des Hauses thront. In der Zeit der Industrialisierung erkannte Charles Lewis Tiffany wohl als einer der Ersten, dass den Menschen die Sekunden nun noch schneller durch die Finger gleiten würden. Mehr als hundert Jahre später bietet das Traditionsunternehmen eine Verlobungsring-Beratungs-App und sorgt mit einem homosexuellen Liebespaar in seiner „Will you?“-Kampagne für Aufsehen. Nicht nur Frauen träumen von einer kleinen blauen Schachtel. Denn allein sie ist schon ein Versprechen.
Tiffany