Wenn es wirklich stimmt, dass Heinz-Christian Straches Wahrsagerin ihm geraten hat, eine Kapsel mit Eigenurin an einer Kette zu tragen, dann bin ich ganz froh, nicht zu ihrem Kundenstamm zu gehören. Die einzige Begegnung mit einer Wahrsagerin hatte ich in Wien auf der Kärntner Straße. Die Dame fragte mich sehr freundlich, ob sie mir aus der Hand lesen dürfe. Es war Winter und ich trug Handschuhe. Ich wollte die Handschuhe nicht ausziehen und durch den Handschuh konnte sie nicht lesen.

„Ausziehen“, sagte sie.
„Nein, zu kalt“, entgegnete ich.
„Doch. Ich will deine Hand sehen!“
„Nein. Ich will nicht, dass Sie meine Hand sehen und dann irgendwas Grausliches sehen. Ich will es lieber nicht wissen.“
„Doch, ich sage dir die Zukunft voraus. Ich bin Hellseherin.“
„Nein, danke. Sehr freundlich. Und wenn Sie wirklich die Zukunft kennen, wissen Sie ja, dass ich meinen Handschuh nicht ausziehen werde.“
„Ich sehe die Zukunft und ich sehe deine Hand in der Zukunft.“ „Vielleicht im Sommer mal. Aber jetzt hat es Minusgrade. Ich zieh den Handschuh nicht aus. Und ich will es überhaupt nicht wissen.“

Sie starrte mich wütend an. Ihr Atem gefror an der kalten Luft.

„Tja, also dann“, sagte ich fröhlich und schritt ungelesen davon.
„Du wirst an der nächsten Straßenkreuzung totgefahren“, schrie sie mir nach.
Ich winkte ihr zu und ging ganz normal über die nächste Straßenkreuzung. Es fuhr kein einziges Auto.

Vielleicht war sie gar keine echte Hellseherin, sondern hatte nur einmal einen Volkshochschulkurs besucht. „Hellsehen 1 für Anfängerinnen“. Ihr Fluch hatte auch eher etwas von Dunkelsehen. Ich hoffe, dass Straches Hellseherin eine fundierte Hellseherinnenausbildung hat. Der Mann ist in letzter Zeit zu oft an fragwürdige Damen geraten. Wenn es sich herausstellen sollte, dass das Fläschchen mit dem Eigenurin gar nichts bringt und vor nichts schützt, dann täte HC mir sehr leid. Ich hoffe nur, dass es irgendeine Partei gibt, bei der er die Kosten für sein Ketterl als Spesen absetzen kann.

Ich wünsche ihm aber, dass seine Hellseherin recht behält und ihn die Kette mit dem wertvollen Anhänger schützt. Vor Torheit zum Beispiel. Ich bin kein Hellseher und wage dennoch die Prognose, dass Strache keine wirkliche Zukunft als Politiker mehr hat. Er sollte umsatteln: Kältetechniker oder Wurstfachverkäufer. Oder er macht auch einen Volkshochschulkurs. „Hellsehen 1“. Dann kann er auf der Kärntner Straße arbeiten. Oder in Klosterneuburg. Je nachdem, wo er dann wohnt. Da drück ich ihm beide Daumen, dass er viele Kunden findet. Der Wahrsager mit dem Eigenurin. Na ja. Ich werde meine Handschuhe schon mal aus der Kammer holen.

Tina, die Strache-Wahrsagerin aus Sieghartskirchen, hatte aber neben dem Eigenurin noch weitere Ratschläge für den ehemaligen FPÖ-Chef und nunmehrigen Anführer der Walking Dead. Er solle, zum Schutz, doch eine geweihte Metallplatte in der Unterhose tragen. Wie es scheint, hat Strache sich daran gehalten. Eiförmig sei diese Metallplatte, heißt es aus gut informierten Kreisen. Wenn der Führer einer Rechtspartei eiförmige Platten in der Unterhose trägt, ist das dann noch Innenpolitik oder ist nur das Innenpolitik im eigentlichen Sinn? Tina hatte ihm versprochen beziehungsweise gewahrsagt, dass Strache nach einem Umsturz einer der sechs mächtigsten Männer der Welt sein würde. Sollen wir für Strache hoffen, dass der Umsturz erst noch kommt? Nach dem Ibiza-Umsturz ist er ja eher nicht zu einem der mächtigsten Männer der Welt geworden. Tina wird schon wissen, was uns allen noch bevorsteht. Die Seherin aus Sieghartskirchen.